Friedrich Weißler
Gedenktag evangelisch: 20. Februar
Name bedeutet: der Friedensreiche (althochdt.)

Friedrich Weißler, Sohn eines angesehenen jüdischen Rechtsanwalts, wurde als Säugling evangelisch getauft. Er studierte Jura und promovierte 1914 in Halle. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich als Kriegsfreiwilliger, am Ende des Krieges war er Leutnant und Träger des Eisernen Kreuzes. Nach dem zweiten Staatsexamen 1920 wurde er 1925 Hilfsrichter am Amtsgericht in Halle, 1932 Landgerichtsdirektor in Magdeburg. 1925 heiratete er die Pfarrerstochter Hanna Schäfer, mit der er zwei Söhne hatte.
Im Februar 1933 verurteilte Weißler einen SA-Mann zu einer Ordnungsstrafe, Verleumdungen und Beschimpfungen gegen
den Juden
waren die Folge; am 1. April wurde er von SA-Leuten im Gerichtsgebäude geschlagen, danach vom Dienst
suspendiert, am 21. Juli schließlich auf Grund des Arierparagraphen
aus dem Staatsdienst entlassen. Er zog mit
seiner Familie nach Berlin und kämpfte darum,
seine evangelische Kirche möge sich für ihre nichtarischen
Mitglieder einsetzen. 1934 wurde er ehrenamtlicher
juristischer Berater der vorläufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche in Berlin, 1936 Bürochef der Kanzlei. Hier
wirkte er an einer für Hitler bestimmten Denkschrift der Kirchenleitung mit, in der 1936 Einwände gegen die
nationalsozialistische Blut-und-Boden-Doktrin, die Religionsfeindlichkeit und den Antisemitismus, die Arbeit der Gestapo
und die Einrichtung von Konzentrationslagern erhoben wurden. Das Papier, das eigentlich geheimgehalten werden sollte,
gelangte an die Auslandspresse und erregte beträchtliches internationales Aufsehen. Weißler wurde beschuldigt, das Papier
weitergegeben zu haben; er wollte möglicherweise verhindern, dass es unbeachtet blieb 1.
Das Aufsehen war so groß, dass die Kirchenleitung sich gezwungen sah, es im August 1936 in den Gemeinden bekannt zu
machen; im Ausland wurde es besonders ernst genommen: wenn schon die sonst immer staatstragende Evangelische Kirche solche
Warnungen und Vorbehalte gegen Hitler erhebt, so zeige das doch offenbar, wie gefährlich Hitler ist. Nachdem die
Kirchenleitung sich von Weißler distanziert hatte, wurde er im Oktober 1936 verhaftet und am 13. Februar 1937 ins KZ in
Sachsenhausen - heute ein Stadtteil von
Oranienburg - eingeliefert; er starb schon nach sechs Tagen, da er als Volljude
besonders schlecht behandelt wurde;
die SS behauptete, er habe sich aus Verzweiflung das Leben genommen.
In den letzten Wochen seines Lebens beschäftigte Weißler sich immer wieder mit der Geschichte von der Auferweckung der
Tochter des Jairus durch Jesus (Lukasevangelium 8, 40 - 56) und deren
zentralem Satz Fürchte dich nicht; glaube nur, so wird sie gesund!
Kurz vor seinem Tod schrieb er dann das Gedicht,
das ihm selbst Trost wurde:
spricht der Heiland zu den Seinen.
Wenn der irdischen Natur
keine Hoffnung mehr will scheinen,
dann ist Gott wahrhaftig nah
und mit seiner Hilfe da.
DICH und alle, die ihm trau'n,
liebt er ja als seine Kinder.
Kann dem Kind vorm Vater grau'n?
Dein Leid ist sein Leid nicht minder.
Drum sei froh und unverzagt:
Gott wird wenden, was dich plagt.
NICHT, wo wir die Hilfe sehn,
pflegt zwar Gottes Fuß zu schreiten.
Er kann tausend Wege gehn,
die wir ahnen nicht von weitem.
Seine Weisheit weiß allein
Zeit und Rat, uns zu erfreun.
GLAUBE, dass Gott helfen will.
So wirst du bald spüren müssen,
wie dir seiner Gabe Füll'
täglich will das Leid versüßen.
Du lobsingst voll Dank und Freud
Täglich seiner Freundlichkeit.
NUR dem Vater gilt es traun,
stille halten seinem Willen.
Er wird Zeit und Weg erschaun,
dein Verlangen zu erfüllen.
Mach den eig'nen Willen still.
Gott führt selber dich ans Ziel!
Friedrich Weißler - also ein Jude - wurde das erste Todesopfer der evangelischen Bekennenden Kirche im Kampf gegen den Nationalsozialismus.
1 ▲ Rüdiger
Weyer schrieb in seiner Staatsarbeit von
1997: Was zuerst von Helmreich angedeutet wird, dann von Werner Koch in dessen Autobiographie und zuletzt in einer
Untersuchung 1987 von Martin Greschat gezeigt wird, ist, dass die veröffentlichte Fassung der Denkschrift mit den
eingearbeiteten Anmerkungen auf den Berliner
Journalisten und ehemaligen Pfarrer Hermann Kötzschke zurückgeht. … Es besteht der begründete Verdacht, dass die
Gestapo die Denkschrift gezielt weitergibt, um dann Mitglieder der BK unter einem Vorwand verhaften zu können. Werner Koch,
Ernst Tillich und Friedrich Weißler fallen also einer Intrige zum Opfer.
Der heute 83-jährige Sohn Johannes Weißler erzählt in
seinem Buch Die Weißlers: Ein deutsches
Familienschicksal die Geschichte seiner Familie über die Traumata des Ersten Weltkriegs, die nationalsozialistische
Willkür und den langen Weg zu Gerechtigkeit und Normalität.
Werner Koch stellte in einem
Artikel der Jungen Kirche
die Geschehnisse dar.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 06.12.2016
Quellen:
•
• Werner Koch: Fürchte dich nicht, glaube nur … In: Junge Kirche
3/2005
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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