4.
Und dies ist klar, daß in unserer Kindheit, als Gott uns schuf, sich an1 uns nicht jene [Laster] vorfanden, von welchen sie gemeint haben,2 daß sie uns vom Leben entfernen und ausschließen; und später haften uns Werke der Bosheit an, [so daß wir sind] wie Schläuche, wenn sie zuletzt abgenutzt alt geworden sind. - Und es bezeugts mir der Apostel in seinem Ausspruche: „Nicht seid Kinder in eurem Verstande, sondern vom Bösen weg werdet Kinder, denn3 in eurem Verstande sollt ihr vollendet sein“.4 Und wenn wir sündlos vom Bösen befunden werden, wie unsere erste5 Schöpfung, alsdann können wir den Unterricht der Lehre aufnehmen und sind Schläuche, die die Kraft des neuen Weines aushalten, der in ihnen, wenn sie neu sind,6 ist. Wie auch der Prophet sagt: „Warum sagt das Haus Israels: Unsere Sünden und Ungerechtigkeiten sind in7 uns, und wir sind in ihnen abgenutzt?“8 Und der Prophet macht klar, daß unsere erste Schöpfung neu war und Sünden und Ungerechtigkeiten alt und abgenutzt machen.
Es hat unser Herr den Unterricht seiner Lehre dem Weine verglichen und voll erfüllt er die Worte des Propheten; denn David sagt: „Es bringt Gott Brot aus der Erde hervor, und Wein macht fröhlich das Herz des Menschen“.9 Und wie der Prophet bezüglich des Weines gesagt hat, daß er ein Fröhlichmacher ist, so ist auch der Unterricht der Lehre unseres Herrn unser S. 13 Fröhlichmacher. Wie der Wein nicht nur die Betrübten fröhlich macht, sondern auch die Geringen10 erhöht und die Armen reich macht, und die Sorgen und Betrübnisse von allen Gemütern wegnimmt,11 wenn jemand schwach ist an Kraft und Wein trinkt, alsdann die Geringheit seiner Kraft des Weintrinkens wegen vergißt; wenn Riesen gegen ihn kämpfen, er gar nichts von ihnen fürchtet — und es ist klar, daß jemehr einer Wein trinkt und trunken wird, er nicht sorgt, sich nicht fürchtet, nicht traurig ist,12 nicht bekümmert ist —: so stärkt auch der Unterricht der Lehre unsres, wenn wir sie trinken und sie sich mit unserem Sinne vermischt, unsere Schwachheit, und wir vergessen unsere Unadligkeit und sie nimmt von uns alle Sorgen und Kümmernisse weg.
Und mehr als alle Worte der Weisheit tröstet der Wein die Herzen der Traurigen. Denn wenn du dich hinsetzest und jenen trösten willst, der13 Kummer und Betrübnis und Krankheit und Prozesse hat: wie viel du auch abwägend14 vergleichen wirst die Zeit mit den Übeln, die vor ihm stehen,15 aufweckend wirst du seinen Sinn aufwecken, daß er sich an seinen Verlust erinnert. Wenn du ihm aber zu trinken gibst und ihn trunken machst, läßt du schweigend von ihm ab,16 und der Wein vergessen machend17 vertreibt von ihm alle seine Übel und Kümmernisse. Und das, was lodernd als Feuer seiner Übel in seinem Gemüte, das wie eine Lampe entflammt [und] in Brand gesetzt war, brennt, bringt Wein stillend und sänftigend zur Ruhe und versetzt ihn18 in Schlaf. So auch wir, wann uns Dinge auf der Erde zustoßen und wir ihretwegen Tröstung suchen und nicht finden, wann wir uns dann S. 14 umwenden19 zum Unterricht der Lehre unseres Herrn, alsdann schleicht [und] tritt sie20 ganz sacht in unsere Herzen ein. Und wenn wir beichten und dabei fröhlich werden, alsdann werden wir still und haben Ruhe auch vor allen diesen Dingen, die brennend uns verbrannten.21 Und darin ist der Unterricht der Lehre unseres Herrn dem Weine verglichen worden.
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in. ↩
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Wer mag das sein? Stände nicht der Aorist, so könnte man etwa an Girk' „die Schrift“ denken, aber auch dann macht das „meinen“ Schwierigkeit. Möglicherweise ist or statt zor zu lesen, das wegen des folgenden nok'a pluralisch construiert ist. Dann wäre etwa zu übersetzen: „die (oben) als solche betrachtet worden sind, daß usw.“ ↩
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damit. ↩
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1Kor 14,20. ↩
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Wohl = bei unserer Erschaffung als Kinder. ↩
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Wörtlich: „in ihrer Neuheit“. ↩
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an. ↩
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Ez 33,10. ↩
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Ps 103 (104),14 f. ↩
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Demütigen. ↩
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Vgl. Spr 31,6f. Aphraates 14. Hom. Parisot, 681,19f.: „Er (nämlich unser Erlöser) ist der fröhlichmachende Wein, und die Traurigen, die davon trinken, vergessen ihre Schmerzen.“ ↩
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zittert. ↩
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oroc, dem Zusammenhang entsprechend übersetze ich, als ob oroy dastünde. ↩
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Ich lese statt (xxx) das Partizip (xxx) ↩
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ihm bevorstehen? - Der Sinn scheint zu sein: „Wenn du ihm sagst: Es wird schon wieder besser werden, diese Zeit der Übel dauert nicht ewig, die Zeit heilt alle Wunden“ oder: „Wenn du ihn an sein vergangenes Glück, an die guten Tage erinnerst, die er gesehen, die ihren Schimmer in seine Betrübnis werfen sollen.“ Letzteres legt namentlich das folgende „Verlust“ nahe. ↩
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Wörtlicher: schweigst du und läßt von ihm ab, oder: schweigst du und hast Ruhe vor ihm. ↩
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Statt (xxx) ist wohl (xxx) zu lesen. ↩
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Oder: es. ↩
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hinwenden, bekehren. ↩
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er. ↩
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peinigten. ↩
