5. S. 279
Sowohl Dichter als Philosophen galten nicht für Atheisten, wenn sie Behauptungen über Gott aufstellten. Schon Euripides äußerte Bedenken gegen die Götter des blinden Volksglaubens:
„Es sollte Zeus, wenn wirklich er im Himmel herrscht, Kein Unglück bringen über einen solchen Mann“ 1.
Von dem aber, der in wissenschaftlicher Weise als Gott gedacht wird, lehrte er:
„Siehst du, wer hoch den unbegrenzten Äther dort Und auch die Erde rings mit weichem Arm umfängt? O diesen nenne Zeus, er gelte dir als Gott.“
Was die Götter anlangt, so sah er nämlich, daß weder ihre Wesenheiten existieren, denen dann der geeignete Name beigelegt werden könnte („Was Zeus ist, Zeus, kenn ich vom Hörensagen nur“), noch daß ihre Namen auf Grund von Tatsachen ausgesagt werden (denn was sollten die, deren Wesenheiten nicht existieren, mehr haben als die bloßen Namen?); Gott aber (sah er) aus den Werken, indem er die sichtbaren Erscheinungen der Luft, des Äthers, der Erde mit einem Ausblick in das Unsichtbare betrachtete. Den also, dem die Werke zukommen und von dem die Werke durch den Geist gelenkt werden, ließ er als Gott gelten (und dem stimmt auch Sophokles bei:
„Nur einer ist wahrhaftiglich, nur einer Gott, Er, der den Himmel und die weite Erde schuf“),
wobei er (Euripides) im Hinblicke auf die Natur Gottes, welche mit der Schönheit Gottes beides (Himmel und Erde) anfällt, sowohl nachwies, wo Gott sein muß, als auch, daß er einer sein muß.
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Die in diesem Kapitel aus Euriopides und Sophokles zitierten Verse finden sich in den uns erhaltenen Stücken nicht. ↩
