2.
S. 19 Da ich nun sah, daß im Prediger geschrieben steht:1 „Ich sprach: Ich will weise werden; aber die Weisheit entfernte sich viel weiter von mir, als sie zuvor entfernt war;“ und: „Es ist eine tiefe Tiefe, wer wird sie finden?“ und Folgendes in den Psalmen:2 „Wunderbar kommt mir vor deine Erkenntniß; gar hoch ist sie, ich kann sie nicht erreichen!“ und was Salomon sagt:3 „Gottes Ehre ist es, das Wort verbergen;“ wollte ich oft einhalten und aufhören zu schreiben; ja, glaubet es! Damit ich aber weder euch zu betrüben, noch diejenigen, welche euch darum fragen und darüber streiten, durch mein Stillschweigen in der Gottlosigkeit hinzuhalten scheine, habe ich mir selbst Gewalt angethan, dieses wenige niederzuschreiben, und übersende nun dieses euerer Frömmigkeit. Denn wenn auch die Erkenntniß der Wahrheit, wie sie ist, jetzt wegen der Schwäche des Fleisches ferne von uns ist, so kann doch, wie der Prediger sagt,4 die Thorheit der Gottlosen erkannt werden, und wer sie gefunden hat, kann sagen, daß sie bitterer als der Tod sey. Deßwegen also, weil ich dieses wußte und zu erreichen vermochte, habe ich dieses niedergeschrieben, indem ich wußte, daß die Wiederlegung der Gottlosigkeit den Gläubigen zur Erkenntniß der Gottseligkeit genüge. Denn obschon man nicht begreifen kann, was Gott ist, so kann man doch sagen, was er nicht ist; wir wissen aber, daß er nicht wie ein Mensch ist, und daß man in ihm nichts von dem Geschaffenen denken darf. Auf dieselbe Weise muß man aber auch von dem Sohne Gottes denken; obschon wir von Natur viel zu weit von ihm entfernt sind, als daß wir ihn fassen könnten, so ist es doch möglich und leicht, das zu widerlegen, was von den Ketzern S. 20 vorgebracht wird, und zu sagen, daß dieses der Sohn Gottes nicht sey, und daß es nicht erlaubt sey, über dessen Gottheit etwas demjenigen Aehnliches auch nur zu denken, was jene sagen, geschweige mit den Lippen auszusprechen.
