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S. 4 Doch da auch die christliche Religionslehre einen Unterschied von Personen in der Einheit der Natur annimmt, so müssen wir, damit wir nicht etwa bei der Bekämpfung der heidnischen Vielgötterei unversehens in den Irrtum des Judentums fallen, letzteren durch genaue, sozusagen kunstmäßige Unterscheidung berichtigen. Denn nicht einmal den außerhalb unserer Glaubenslehre Stehenden ist die Gottheit ohne Wort; dies Zugeständnis wird unsere Auffassung vom Worte des Vaters gut anbahnen1. Wer nämlich bekennt, Gott sei nicht ohne Wort, wird jedenfalls von ihm auch zugeben, daß er ein Wort habe, eben weil er nicht ohne Wort ist.
Nun aber wird das Wort des Menschen mit dem nämlichen Ausdruck bezeichnet; wer sich nun entschließt, sich das Wort Gottes ähnlich vorzustellen wie das unsere, kann auf diese Weise zur richtigen Auffassung des Höheren geführt werden. Nur muß er beachten, daß das Wort Gottes, wie alles andere an Gott, seiner Natur entspreche. Denn man sieht an der menschlichen Natur auch Kraft, Weisheit und Leben; aber niemand wird sich durch die Gleichheit der Worte zur Annahme verleiten lassen, die Kraft oder die Weisheit oder das Leben Gottes wären ganz gleicher Art; sondern die Bedeutung solcher Begriffe erniedrigt sich in Beziehung auf uns nach dem Maße unserer Natur: weil vergänglich und schwach unsere Natur, darum ist kurz unser Leben, vergänglich unsere Kraft, flüchtig unser Wort. Dagegen die Bedeutung aller Aussagen, die wir von Gott machen, steigt hoch empor, gemäß der Erhabenheit dessen, auf den sie S. 5 sich beziehen. Darum darf man, wenn man vom Worte Gottes spricht, keineswegs meinen, dasselbe habe nur in der Anstrengung des Sprechenden seinen Bestand und trete, wie unser menschliches Wort, alsbald wieder in das Nichtsein zurück; sondern wie unsere Natur, weil hinfällig, auch ein hinfälliges Wort hat, so hat die unvergängliche und immer bestehende Natur auch ein ewiges und festbleibendes Wort.
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kaum: wird unsere Rede verdeutlichen. ↩
