4.
Julian wollte nun an dieser Grenze endgültige Ruhe schaffen, sich den Titel Parthicus verdienen und mit Alexander dem Großen verglichen werden. Daher rüstete er alsbald zum Kriege gegen die Perser. Zu diesem Zwecke brach er Ende Mai 362 von Konstantinopel nach Antiochien auf, wo er im Juni eintraf und mit Jubel empfangen wurde. Doch bald machte er sich aus verschiedenen Gründen mißliebig.
Da die Ernte schlecht geraten war, suchte er durch Preisregulierung eine Teuerung hintanzuhalten, erreichte aber nur, daß die Händler die Waren zurückhielten und die Not um so drückender wurde. Ferner hatte er angeordnet, den Leichnam des beim Apollotempel zu Daphne beigesetzten Märtyrers Babylas auszugraben S. 206 und an anderer Stelle zu bestatten. Die Christen gehorchten nur widerwillig und sangen bei der Übertragung Psalmen und Antiphonen, die gegen den Kaiser gerichtet waren. Daraufhin ließ dieser mehrere Christen gefangen setzen und befahl, sie zu foltern. Da aber der erste, welcher der Marter unterworfen wurde, ein Jüngling namens Theodor, trotzdem er gegeißelt und mit eisernen Krallen zerrissen wurde, standhaft blieb, verzichtete der Kaiser auf weitere Bestrafung und gab alle frei1. Als bald darauf, am 22. Oktober, der Apollotempel zu Daphne den Flammen zum Opfer fiel, erblickte der Kaiser darin einen Racheakt der Christen und ließ deren Kathedrale zu Antiochien schließen2.
Überhaupt mißfiel den üppigen und spottlustigen Antiochenern sein asketisches und frömmelndes Wesen sowie sein ganzes Auftreten; vor allem spotteten sie über seine bei einem Kaiser ganz besonders auffallende Barttracht. „Man gab ihm den Spottnamen Cercops3, nannte ihn einen Zwerg, der die schmalen Schultern emporrecke, einen Bocksbart trage und gewaltige Schritte mache, als wäre er ein Bruder des Otus und Ephialtes, deren Körperlänge Homer4ins Unendliche erhebt; statt eines Opferpriesters hieß er nur Opferschlächter mit Anspielung auf seine vielen Opfer; ebenso war es ein willkommener Anlaß zum Tadel gegen ihn, daß er ohne Scheu wie ein Priester heiliges Geräte, um sich zur Schau zu stellen, einhertrug und an dem Gefolge von Weibsbildern [mulierculae] Wohlgefallen fand“5.
Julian hinwieder verhöhnte die Antiochener, die „Barthasser“, wie er sie nannte, durch eine bissige S. 207 Schrift mit dem bezeichnenden Titel: Misopogon [Barthasser].
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Rufinus I, 35 s., MSL 21,503 s.; Socrates III,18 u. 19, MSG 67,425 u. 428; Sozomenos V,19 u. 20, MSG 67,1278 s.; Theodoret III,6 u. 7, MSG 82, 1097. Rufin sprach den Bekenner Theodor selbst und fragte ihn über seine Marter aus. ↩
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Ammian 22,13. ↩
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d. i. geschwänzter Affe. ↩
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Od. 10,307 s. ↩
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Ammian 22,14; Übersetzung nach C. Büchele in „Römische Prosaiker“, in neuen Übersetzungen herausgegeben von Tafel, Osiander u. Schwab, 182. Bändchen, Stuttgart 1858, S. 463. ↩
