2. Cap. Der Teufel ist allerdings dabei in besonderer Weise thätig. Allein aus der h. Schrift ist ersichtlich, dass er niemand versuchen kann ohne die Zulassung Gottes.
Nun kommt aber die Ungerechtigkeit doch nicht von Gott, sondern vom Teufel, und die Verfolgung ist aus lauter Ungerechtigkeiten zusammengesetzt; — denn was könnte ungerechter sein, als die Diener des wahren Gottes, lauter Anhänger der Wahrheit wie Verbrecher zu behandeln? — Aus diesem Grunde könnte es uns scheinen, die Verfolgung gehe vom Teufel aus; denn von ihm wird die Ungerechtigkeit, woraus die Verfolgung besteht, betrieben. Da muss man nun wissen, dass, eben weil es ohne die Ungerechtigkeit des Teufels keine Verfolgung und ohne Verfolgung keine Prüfung des Glaubens gibt, dass darum gerade die Ungerechtigkeit zur Prüfung S. 380 des Glaubens notwendig sei und an dem Charakter der Verfolgung nichts bessere, sondern ihr nur als Mittel diene. Denn der Willensbeschluss Gottes, der sich auf die Prüfung des Glaubens bezieht, welch' letztere der eigentliche Grund der Verfolgung ist, geht ihr vorher. Die Ungerechtigkeit des Teufels aber, als das Instrument der Verfolgung, ist das nachfolgende und diese ist der innere Grund der Prüfung. Denn in demselben Grade, als die Ungerechtigkeit die Feindin der Gerechtigkeit ist, dient sie auch sonst dazu, das Dasein der letztern, deren Feindin sie ist, zu beweisen, und die Gerechtigkeit wird daher in derselben Weise in der Ungerechtigkeit vollendet, wie die Tugend in der Schwachheit.1 „Denn, was schwach war vor der Welt, ist von Gott auserwählt worden, um das Starke zu beschämen, und was vor ihr thöricht war, um die Weisheit zu beschämen.“
So dient denn auch die Ungerechtigkeit dazu, die Gerechtigkeit zu bewähren, wodurch die Ungerechtigkeit beschämt wird. Weil also Dienstleistungen nicht Sache des freien Willens sind, sondern ein Zeichen der Knechtschaft — Wille Gottes nämlich ist die Verfolgung zum Zweck der Bewährung des Glaubens, die Ungerechtigkeit dagegen ist nur die notwendige Dienstleistung des Teufels zur Inswerksetzung der Verfolgung —, deshalb glauben wir, die Verfolgung komme nicht vom Teufel, sondern höchstens mit Hilfe des Teufels. Nichts ist ja dem Satan gegen die Diener Gottes zu thun erlaubt ohne Zustimmung Gottes, entweder um den Satan selbst zu Schanden zu machen durch den Glauben der Auserwählten, der in der Verfolgung siegreich ist, oder um die Menschen, die zu ihm abfallen werden, als ihm angehörig zu beschämen. Man hat dafür das Beispiel des Job, dem der Teufel ohne die Erlaubnis Gottes keine Versuchung, auch nicht einmal gegen seine Habe, zu bereiten imstande gewesen wäre, wenn Gott nicht gesagt hätte: „Siehe, alles, was er hat, gebe ich in deine Hand; gegen ihn selbst aber sollst du deine Hand nicht ausstrecken.“2 Und so streckte er sie denn auch nicht aus, als erst späterhin, und auch da nur auf die besondere Aufforderung des Herrn: „Siehe, ich überlasse ihn dir, nur schone sein Leben.“3 So forderte er auch in betreff der Apostel die Erlaubnis, sie zu versuchen, indem er sie nicht besass ohne diese Erlaubnis, da ja der Herr im Evangelium zu Petrus sagte: „Siehe, der Satan hat begehrt, Euch zu sichten wie Weizen, aber ich habe für dich gebeten, damit dein Glaube nicht wanke“,4 d. h. gebeten, dass dem Teufel nicht so viel erlaubt werde, dass der Glaube in Gefahr kommen könnte.
Daraus ist ersichtlich, dass beides bei Gott stehe, sowohl die Prüfung des Glaubens als dessen Beschützung, indem er um beides gebeten wird, S. 381 um die Prüfung vom Teufel und um die Beschützung vom Sohne. Und in der That, da die Beschützung des Glaubens zu der Gewalt gehört, die der Sohn Gottes sich vom Vater erbeten hat, von welchem er ja alle Gewalt empfängt im Himmel und auf Erden, wie sollte es denn zugehen, dass die Prüfung des Glaubens in der Hand des Teufels läge? Wenn wir in dem vorgeschriebenen Gebete sagen: „Führe uns nicht in Versuchung“ — und eine grössere Versuchung als die Verfolgung kann es wohl nicht geben —, so bekennen wir damit, dass sie von dem komme, den wir um Nachsicht bitten. Denn diesen Zweck haben ja die folgende Worte: „Sondern erlöse uns vom Übel“, d. h. führe uns nicht in Versuchung, indem du uns dem Bösen überlässest! Dann nämlich werden wir den Händen des Teufels entrissen, wenn wir ihm nicht überlassen bleiben zum Zweck des Versuchens. Würde doch die Legion Teufel nicht einmal über die Schweineherde Macht gehabt haben, wenn sie den Herrn nicht darum gebeten hätte. So viel fehlt daran, dass er Macht über die Herde Gottes hat. Ich könnte sagen, auch die Borsten der Schweine waren damals beim Herrn gezählt, um wie viel mehr denn die Haupthaare der Heiligen.
Eine eigene Gewalt scheint der Teufel jetzt höchstens über die zu besitzen, welche mit Gott nichts zu schaffen haben, da die Heiden für immer von Gott als der Tropfen am Eimer, als der Staub auf der Tenne, als Auswurf gerechnet werden, und darum dem Teufel als sein freies Besitztum preisgegeben sind. Wider die Freunde Gottes dagegen ist ihm nichts gestattet, nach seinem eigenen Belieben, weil, wenn ihm je etwas erlaubt ist, es aus bestimmten Ursachen geschieht, wie die in der h. Schrift aufgezeichneten Beispiele beweisen. Denn es wird ihm das Recht, zu versuchen, auf fremden oder eigenen Antrag nur zugestanden, entweder zum Zwecke der Bewährung, wie bei den oben angeführten, oder der Sünder wird ihm zum Zwecke der Verwerfung übergeben, wie Saul; — „Und es wich“, heisst es, „der Geist des Herrn von Saul, und es schlug ihn der böse Geist und er erwürgte ihn5 — oder zum Zwecke des Niederhaltens, wie der Apostel berichtet, dass ihm der Pfahl beigegeben sei als Engel des Satans, um ihm Streiche zu versetzen. Und auch dies wird dem Teufel nicht dazu gestattet, um die Heiligen durch die Plage des Fleisches zu demütigen, sondern nur damit sich zu gleicher Zeit auch die Tugend des Ertragens vollenden könne, nämlich in der Schwachheit. Denn der Apostel selbst übergab dem Satan den Phygelus und Hermogenes, damit sie gebessert würden und nicht lästerten. Da siehst du nun, dass der Teufel sogar von den Knechten Gottes erst Vollmacht empfängt, um so weniger wird er sie als sein Eigentum besitzen.
