Edition
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De Pudicitia
II.
[1] « Ceterum Deus, inquiunt, bonus et optimus et misericors et miserator et misericordiae plurimus, quam omni sacrificio anteponit, non tanti ducens peccatoris mortem quam paenitentiam, salutificator omnium hominum et maxime fidelium. [2] Itaque et filios Dei misericordes et pacificos esse oportebit, donantes inuicem sicut et Christus donauit nobis, non iudicantes, ne iudicemur. Domino enim suo stat quis uel cadit: tu quis es, ut seruum iudices alienum? Dimitte, et dimittetur tibi. » [3] Talia et tanta sparsilia eorum, quibus et Deo adulantur et sibi lenocinantur, effeminantia magis quam uigorantia disciplinam, quantis et nos et contrariis possumus repercutere, quae et Dei seueritatem intentent et nostram constantiam prouocent? [4] Quia etsi bonus natura Deus, tamen et iustus. Ex causa enim, sicut sanare nouit, ita et caedere, faciens pacem, sed et condens mala, paenitentiam malens, sed et Hieremiae mandans, ne pro populo peccatore deprecaretur. Quod, et si ieiunauerint, inquit, non exaudiam obsecrationem eorum. [5] Et rursus : Et tu ne adoraueris pro populo et ne postulaueris pro his in prece et oratione, quoniam non exaudiam in tempore, quo inuocauerint me, in tempore adflictionis suae. [6] Et adhuc supra, idem misericordiae praelator quam sacrificii: Et tu ne adoraueris pro populo isto et ne postulaueris misericordiam consequi eos et ne accesseris pro bis ad me, quoniam non exaudiam utique misericordiam postulantes, utique ex paenitentia flentes et ieiunantes et adflictationem suam offerentes Deo. [7] Deus enim zelotes, et qui naso non deridetur, adulantium scilicet bonitati eius, et qui licet patiens, tamen per Esaiam comminatur patientiae finem : Tacui, numquid et semper tacebo et sustinebo? Quieui uelut parturiens, exsurgam et arescere faciam. Ignis enim procedet ante faciem ipsius, et exuret inimicos eius, non solum corpus, uerum et animas occidens in gehennam. [8] Ceterum iudicantibus quomodo Dominus comminetur ipse demonstrat: Quo enim iudicio iudicaueritis, iudicabitur de uobis. Ita non prohibuit iudicare, sed docuit. [9] Vnde et apostolus iudicat et quidem in causa fornicationis, dedendum eiusmodi hominem satanae in interitum carnis, increpans etiam quod fratres non apud sanctos iudicarentur. Adiciens enim inquit: Vt quid mihi eos qui foris sunt iudicare? [10] Dimittis autem, ut dimittatur tibi a Deo. Delicta mundantur, quae quis in fratrem, non Deum admiserit. Debitoribus denique dimissuros nos in oratione profitemur.
Sed non decet ultra de auctoritate scripturarum eiusmodi funem contentiosum alterno ductu in diuersa distendere, ut haec restringere frenos disciplinae, illa laxare uideantur, quasi incertae et paenitentiae subsidium illa prosternere per lenitatem, haec negare per austeritatem. [11] Porro si et auctoritas scripturae in suis terminis stabit sine alterutra oppositione, et paenitentiae subsidium suis condicionibus determinatur sine passiua concessione, et ipsae prius causae eius distinguuntur sine confusa propositione. [12] Causas paenitentiae delicta condicimus. Haec diuidimus in duos exitus. Alia erunt remissibilia, alia inremissibilia. Secundum quod nemini dubium est alia castigationem mereri, alia damnationem. [13] Omne delictum aut uenia dispungit aut poena, uenia ex castigatione, poena ex damnatione. De ista differentia iam et quasdam praemisimus altercationes scripturarum hinc retinentium hinc dimittentium delicta. [14] Sed et Iohannes docebit: Si quis scit fratrem suum delinquere delictum non ad mortem, postulabit et dabitur uita ei; quia non ad mortem delinquit, hoc erit remissibile. Est delictum ad mortem; non pro illo dico, ut quis postulet, hoc erit inremissibile. [15] Ita ubi est postulationis
Übersetzung
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Über die Ehrbarkeit (BKV)
2. Kap. Die leeren Ausflüchte der Psychiker. Sie berufen sich auf Stellen der Hl. Schrift, die von Gottes Milde und seiner Neigung, zu vergeben, reden. Solche Stellen gibt es, aber dagegen stehen andere, die von seiner Strenge und dem Gericht zeugen. Die Lösung dieser Widersprüche liegt darin, daß es zweierlei Sünden gibt, vergebbare und unvergebbare. Darnach richtet sich auch die Buße.
Gott ist aber, wendet man ein, der Gute, ja der Beste, mitleidig, der Erbarmer und reich an Barmherzigkeit, die er jedem Opfer vorzieht; er zieht die S. 383 Bekehrung des Sünders dem Tode desselben vor1; er ist der Heilbringer für alle Menschen und besonders für die Gläubigen2. Darum werden wir Kinder Gottes auch mitleidig und friedfertig sein müssen, einander vergebend, wie auch Christus uns vergeben hat, nicht richten, damit wir nicht gerichtet werden3. Denn nur seinem Herrn steht und fällt man. „Du aber, wer bist du, daß du einen fremden Knecht richtest”4. „Vergib, und es wird dir vergeben werden”5.
Von solcher Art sind die häufigen Ausreden, womit sie Gott schmeicheln und sich selbst etwas vormachen und wodurch die Sittenzucht mehr entkräftet als gestärkt wird. Wir sind imstande, sie mit ebensoviel gegenteiligen Stellen abzuwehren, welche die Strenge Gottes einschärfen, und Standhaftigkeit von uns fordern. Obwohl Gott von Natur gut ist, so ist er doch auch gerecht. Je nachdem die Sache liegt, versteht er, wie zu heilen, so auch zu schlagen; er bewirkt Frieden, er befiehlt aber auch das Unglück. Die Buße ist ihm freilich lieber, aber er befiehlt auch dem Jeremias, nicht mehr für das sündige Volk zu beten, „Wenn sie auch fasten, so werde ich ihre Bitten nicht erhören.” Und wiederum: „Auch du sollst nicht anbeten für das Volk und nicht für sie bitten in Flehen und Gebet; denn ich werde sie nicht erhören zur Zeit, wo sie mich anrufen, in der Stunde ihrer Trübsal,” Und kurz vorher sagt der, welchem Erbarmung lieber ist als Opfer: „Du sollst mich nicht anrufen für dieses Volk, und nicht Erbarmen für sie verlangen und nicht für sie vor mich treten; denn ich werde sie nicht erhören”6, jedenfalls auch wenn sie um Erbarmung flehen, wenn sie aus Reue weinen und fasten und ihr Leiden Gott darbringen. Denn Gott ist ein Eiferer und läßt seiner nicht spotten, nämlich von denen, die sich mit seiner Güte schmeicheln, und der, obwohl gütig, doch durch Isaias das Ende S. 384 seiner Geduld androhen läßt: „Ich habe geschwiegen; werde ich vielleicht stets schweigen und dulden ? Ich habe geruht wie eine Gebärende; ich werde mich aufmachen und sie verdorren machen”7. „Denn Feuer wird hergehen vor seinem Angesichte und seine Feinde verzehren, nicht bloß den Leib tötend, sondern auch die Seele zur Hölle”8. Wie der Herr denen droht, die richten, das zeigt er selber. „Mit welchem Gerichte ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden”9. Somit hat er nicht verboten zu richten, sondern Anleitung dazu gegeben. Daher spricht denn auch der Apostel ein Urteil, und zwar in Sachen der Hurerei, man müsse einen solchen Menschen dem Satan übergeben zum Verderben des Fleisches, und schilt darüber, daß die Brüder sich nicht von den Heiligen Recht sprechen ließen10. Denn er fügt hinzu: „Warum sollte ich jene richten, die draußen sind”11.
Du vergibst aber nur, um von Gott Vergebung zu erlangen. Es werden nur die Vergehen abgewaschen werden, die jemand gegen seinen Bruder, nicht die, welche er gegen Gott begangen hat. Daß wir endlich unsern Schuldnern nachlassen wollen, das bekennen wir im Vaterunser. Aber es geziemt sich für uns nicht, aus Autoritäten von Schriftstellen wie diese noch weiter ein Haderseil zu spinnen und es hin- und herzuzerren, so daß es den Anschein gewinnt, als wenn die einen die Zügel der Disziplin anzögen, die ändern sie schießen ließen wie bei einer Ungewissen Sache und als wenn die einen die Hilfsmittel der Buße durch Milde vergeuden, die ändern sie durch Strenge verweigern. Vielmehr bewahrt einerseits die Autorität der Hl. Schrift ihre feste Geltung in ihren Bestimmungen, ohne daß die eine der ändern widerspricht, und andererseits möge das Hilfsmittel der Buße genau begrenzt werden nach den ihm zukommenden Bedingungen, ohne daß unterschiedslose Zulassung stattfände, und vorerst ihre Objekte selbst S. 385 durch eine genaue Einteilung unterschieden werden, ohne sie zu verwirren.
Als Objekte der Buße bezeichnen wir die Vergehungen. Diese teilen wir ihrem Endverlauf nach zwiefach ein; die einen sind nachlaßbar, die ändern nicht. Demgemäß ist es niemand zweifelhaft, daß die ersteren eine Züchtigung verdienen, die letzteren hingegen die Verdammnis. Jedes Vergehen findet entweder in der Vergebung seinen Abschluß oder in der Strafe; in der Vergebung als Folge der Züchtigung, in der Strafe als Folge der Verdammung.
In Betreff dieses Unterschiedes haben wir bereits gewisse, den Gegensatz hervorhebende Schriftstellen vorausgeschickt, wonach die Vergehungen bald behalten, bald nachgelassen werden. Aber auch Johannes wird uns dies sagen: „Wenn jemand weiß, daß sein Bruder eine Sünde begangen hat, die nicht zum Tode ist, so mag er bitten, und es wird das Leben demjenigen gegeben werden, der nicht zum Tode gesündigt hat” -- das wäre die nachlaßbare Sünde --, „es gibt aber auch eine Sünde zum Tode, nicht für diese, sage ich, soll jemand bitten”12 -- das wäre die unvergebbare Sünde, Wo also Raum bleibt für die Bitte, da auch für das Vergeben; wo aber kein Raum für die Bitte, da ebensowenig für das Vergeben.
Entsprechend dieser Verschiedenheit der Sünden, verhält es sich mit der Buße verschieden. Eine andere wird die sein, welche Verzeihung erzielen kann, nämlich bei einer nachlaßbaren Sünde, eine andere die, welche keine Vergebung erzielen kann, nämlich bei. einer unvergebbaren Sünde. Es erübrigt nun, speziell über das Wesen des Ehebruchs und der Hurerei eine Untersuchung anzustellen, welcher Klasse von Sünden sie zugeteilt werden müssen.