§ 2. Beschreibung der Handschrift .
Der Codex Askewianus wird heute im British Museum unter MS. Add. 0111 aufbewahrt. Das Ms. ist auf Pergament geschrieben und umfasst ITS Blätter = 35(5 Seiten in Quart bei einer Höhe von 21 cm und Breite von 1(15 cm. Jede Seite enthält 2 Kolumnen von ca. 3(1 bis 31 Zeilen und ist teils verso, teils recto und verso numeriert. Ausserdem ist das Ganze in 23 Quaternionen abgeteilt; der erste Quaternio enthält aber nur 12 Seiten und der letzte nur S Seiten, von denen die letzte ganz unbeschrieben geblieben ist. Das Ms. ist in einem selten tadellosen Zustande überliefert; nur vier Blätter, nämlich pag. τΛ~—t.u-2»., sind verloren. Von besonderem Werte für die Beurteilung der HS ist die von mir gemachte Beobachtung, dass wir in dem Codex Askewianus die Abschrift eines älteren Ms. vor uns haben, die von zwei diametral verschiedenen Händen hergestellt ist. Die erste Hand schreibt in der schönen alten Unziale, hört aber mitten im Satze pag. 22, I. Kol. Z. 29 (p. 23, Z. 15 ed. Schwartze-Peterm.) auf. Die zweite Hand beginnt mit der folgenden Zeile 30, die noch das letzte Wort .un der vorhergehenden Zeile wiederholt und bis pag. 195 reicht. Diese zweite Hand ist sorgloser und ungelenkiger geschrieben und lässt nach den zitternden Zügen auf einen älteren Mann schliessen. Auf pag. 196 setzt wieder die erste Hand ein und endet mit pag. 351. Deutlich unterscheiden sich ferner die beiden Abschreiber durch die von ihnen S. XII benutzte Tinte; die des ersteren ist nämlich von gelblich blasser, die des zweiten von schwarzer Farbe. Dazu kommt, dass die erste Hand niemals die verso-Seiten — mit Ausnahme von p. 12 wegen des Qua- ternio —, die zweite sowohl recto- wie verso-Seiten paginiert, dass ferner die erste Hand die Versehen durch Punkte oberhalb der Buchstaben resp. Worte und die Auslassungen durch Zeichen wie >* oder 7 am Rande markiert, die zweite Hand dagegen radiert, ausstreicht resp. überschreibt. Die beiden Schreiber, die so alterniert haben, müssen gleichzeitig gelebt haben; sie haben sich auch die Arbeit redlich geteilt, da auf das Konto eines jeden ungefähr die Hälfte fällt. Fraglich bleibt, ob auch pag. 114, 2. Kol., die Überschrift auf pag. 115 und das Stück pag. 355 am Schluss (im Ms. fehlt die Paginierung) von diesen Abschreibern herrühren. CruDi. Egypt Exploration Fund, Archaeolog. Report 1S97/9S, p. 62 weist pag. 114 der ersten Hand, die Überschrift auf pag. 115 der zweiten Hand zu, aber m. E. stammen beide, schon äusserlich nach der Tinte beurteilt, von der gleichen Hand, die zwar mit der ersten Hand nahe verwandt ist, aber doch von ihr unterschieden werden muss. Die Überschrift ist erst nachträglich auf dem oberen Rand hinzugefügt worden und verrät sich schon dadurch als späterer Zusatz, dass in den alten HSS niemals Überschriften, sondern nur Unterschriften Vorkommen. Man hätte ferner erwartet, dass der Schreiber der zweiten Hand auch eine Unterschrift zum vorhergehenden Buche geliefert, da er auf der 1. Kol. von pag. 114 nur 12 Zeilen benutzt hat. Die Hand auf pag. 355 ähnelt der zweiten Hand; das Stück ist m. E. ebenfalls von eiuem Späteren auf die leergebliebenen Seiten niedergeschrieben worden.
Bemerken will ich noch, dass der Anfang neuer Abschnitte niemals durch besondere Initialen, sondern durch das Zeichen ç gekennzeichnet wird. Als Trennungszeichen kommt innerhalb des Satzes der Punkt oberhalb der Linie und beim Abschluss des Satzes der Doppelpunkt vor.
Was nun das Alter der HS anbetrifft, so hat Woide (Cramers Beiträge 1. c. S. 154 f.) durch Vergleichung der Schrift mit der des Cod. Alexandrinus und Cod. Claro montanus den Nachweis zn führen gesucht, dass die HS älter als jene beiden sei, mithin gegen Ende des 4. Jahrh. entstanden sei. Im Gegensatz dazu hat Amélineau (Ausgabe pag. IX sq.) die HS ins 9. oder 10. Jahrh. datiert und zwar aus drei Gründen: 1. Pergamentcodices von solchem Umfange wären vor dem 6. und 7. Jahrh. nicht in Ägypten benutzt worden. 2. Die Schrift zeige nicht die schöne Unziale der älteren Epoche. 3. Die Korruption der griechischen Wörter zeige ziemliche Unkenntnis des Griechischen. Aber seine Argumente sind sämtlich hinfällig, auch ist er den ver- S. XIII sprochenen Beweis für seine These bis jetzt schuldig geblieben. Ich meinerseits möchte bei der Schwierigkeit der Datierung koptischer HSS für das 5. Jahrh. eintreteu. Ein selbständiges Urteil über das Alter vermag sich der Palaeograph auf Grund der Faksimilia der beiden verschiedenen Hände zu bilden, von denen die erste sich bei William Wright findet: The palaeographical Society, Facsimiles of MSS. and Inscriptions, Oriental Series, London li>75;bo, pi. XLII — hier ist als Datum das 7. Jahrh. angegeben, — die zweite bei Hyvernat: Album de paléographie copte pour servir à l’introduction paléographique des actes des martyrs de l’Egypte. Paris u. Rom 1SSS pl. Il; nach ihm etwa 6. Jahrh. entstanden.
