3.
Ich denke an die Zeit, wo jeder ins Gericht muß, und es wird mir Angst, und meine Knie zittern; denn wohin werde ich dann kommen? Ich denke auch an jene Stunde, wo der Bräutigam zum Gastmahl eintreten wird, um die Geladenen zu besehen 1, und Tränen entströmen meinen Augen. Ich denke an die Zeit, wo man jeden, der schmutzige Kleider anhat, in die Finsternis hinauswerfen wird, und wehklage über mich. Ich denke daran, wie an jenem Tage meine Werke offenkundig werden und ich vor aller Welt beschämt dastehen werde, und die Seufzer ersticken meinen Geist. Ich betrachte alle meine Heimlichkeiten und sehe, wie abscheulich sie sind; ich weiß auch, daß sie offenbar werden, und Schmerz foltert meine Glieder. Ich betrachte das Kleid der Herrlichkeit, das ich in der Taufe angezogen, aber durch meine Vergehungen beschmutzt habe, und Schrecken bemächtigt sich meines Sinnes. Ich betrachte die strahlende Schönheit, mit der mich der Allgütige bei meiner S. 110 Erschaffung schmückte, die ich mir aber durch die Sünden entstellte, und Zähne und Lippen beben mir. Ich betrachte die Herrlichkeit, welche die Gerechten am Ende erben, und denke zugleich an das schreckliche Feuer, und mein Herz pocht vor Furcht. Ich betrachte das Entsetzen, das die Sünder dort ergreift, und Zittern bemächtigt sich meiner Glieder, und Schrecken bringt sie in Bestürzung. Schrecken bemächtigt sich meiner Glieder und Schaudern meiner Gedanken. Brüder! An all dies erinnert mich jederzeit mein Gewissen, es stellt mir meine Missetaten in Reihen vor Augen und verbittert mir dadurch täglich das Leben. Wenn ich alle meine geheimen Verschuldungen überschaue, dann rufe ich über mich Wehe und preise die Fehlgeburten selig, welche das Licht dieser Welt nicht erblickten. Besser ist es, ohne Sündenschuld im Grabe zu liegen, als mit Sünden bedeckt das Licht zu schauen. Wer sich hienieden schuldig macht, über den bricht am Ende die Finsternis herein.
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Matth. 22,11 ff. ↩
