4. Von Denjenigen, welche die Liebe nicht haben.
Ihr Unglück und ihre Gefahren. Traurige Folgen der Lieblosigkeit.
Elend und unglücklich ist, wer von der Liebe fern ist. Ein Solcher durchlebt nämlich seine Tage wie ein Träumer. Wer sollte aber einen Menschen nicht bedauern, der fern von Gott, des Lichtes beraubt, in der Finsterniß S. 329 dahinwandelt? Ich sage euch, Brüder: Wer die Liebe Christi nicht hat, ist sein Feind; denn nicht lügt Jener, der da sagt: „Wer seinen Bruder hasset, ist ein Menschenmörder und wandelt in der Finsterniß“1 und geräth leicht in die Gefangenschaft jeder Sünde. Wer die Liede nicht besitzt, wird nämlich schnell aufgebracht, geräth gleich in Zorn und wird zum Haß entflammt. Wer die Liebe nicht hat, erfreut sich über das Unrecht Anderer, empfindet kein Mitleid für den Strauchelnden, reicht dem Niedergefallnen nicht die Hand, spricht dem Verunglückten nicht tröstend zu, stärket den Wankenden nicht. Wer nicht im Besitze der Liebe ist, leidet an Geistes=Verblendung, ist ein Freund des Teufels. Er ist ein Erfinder jeglicher Bosheit, ein Anstifter von Streitigkeiten, ein Freund der Lästerer, ein Genosse der Verläumder, ein Rathgeber der Spötter, ein Ermunterer der Neidischen, ein Verüber von übermüthigen Handlungen, ein Gefäß der Prahlerei. Kurz: Wer die Liebe nicht besitzt, ist ein Werkzeug des Widersachers, irrt auf jedem Abweg herum und sieht es gar nicht ein, daß er in der Finsterniß hin und her wandelt.
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1Joh 2,9.11; 3,15. ↩
