5.
Ferner wird gelehrt: „daß die Seele, nachdem sie aus der Welt geschieden, ihr eigenthümliches Wesen und Leben beibehalten und ihrem Verdienste gemäß werde belohnt werden; und zwar soll sie ewiges Leben und Seligkeit erlangen, wenn ihre Handlungen dieses gestatten: oder dem ewigen Feuer und den Strafen anheimfallen, wenn ihrer Sünden Schuld sie dazu verdammt. Daß aber auch eine Zeit der Todtenerweckung erscheinen werde, da eben dieser Körper, der in Verwesung gesäet, unverweslich auferstehen wird“ (1. Kor. 15, 42.). Auch das ist nach der Kirchenlehre gewiß, „daß jede vernünftige Seele freie Willensbestimmung habe, und in einem Kampfe mit dem Teufel und seinen Dienern und andern feindlichen Mächten begriffen sey, weil diese sie in Sünden verwickeln wollen, wir dagegen uns von dieser Last zu befreien streben.“ Eine deutliche Folge hievon ist, daß wir nicht einer Nothwendigkeit unterworfen sind, die uns immerhin wider unsern Willen zwänge, Gutes oder Böses zu thun. Denn wenn wir im Besitze eines freien Willens sind, so können zwar einzelne Mächte uns zur Sünde reizen, andere dagegen zu unserem Heile unterstützen; keineswegs aber sind wir durch ein Verhängniß gezwungen, recht oder unrecht zu handeln, wie diejenigen meinen, die dem Lauf der Gestirne entscheidenden S. 8 Einfluß auf menschliche Handlungen, sowohl freie als unfreie zuschreiben. Ueber den Ursprung der Seele hingegen, ob sie nämlich mit dem Samen, so daß die Keime ihres Wesens in dem leiblichen Samen eingeschlossen lägen, 1 oder auf anderem Wege entstehe: ob dieser Entstehungsgrund ein geschaffener (endlicher) oder unerschaffener (unendlicher) sey, und ob sie von außen dem Körper einverleibt werde, darüber hat die Kirchenlehre nichts Entschiedenes aufgestellt.
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Der griech. Ausdruck ist sonst συσπειρομενη vielleicht hat Rufin diesen umschrieben. ↩
