5.
Ist aber Jungfräulichkeit also unbestritten ein königlicher Weg zum Menschenziel, eine sichere Bahn zum Leben nach dem Ideal, so hat Methodius recht, wenn er mit ihr das Leben Christi in uns, das himmlische Leben beginnen läßt; wenn er im Jungfräulichen Christus neu geboren sieht. Bloß daß auch der Eheliche mit nichten auf dies hohe Gut verzichten darf; wie denn alle Urkunden des Christentums und kirchlichen Gebete immer wieder bedeutsam betonen, daß der Ehelose den andern nicht verachten, nicht sich auf Kosten der andern rühmen dürfe; wobei man der Ehe keineswegs unrecht tut, wenn man die durch die Zweisamkeit erreichte Förderung im Streben nach der Höhe durch die Wucht der zur Materie drängenden Sinnlichkeit gefährdet sieht. Es ist sicherlich auf beiden Wegen gleich viel Arbeit und Mühe, gleich viel Gefahr, gleich viel Sieg und Lohn: nur daß der eine hier, der andere dort leichter zum Ziele kommt. Und darum kann aller Lobpreis der Jungfräulichkeit nie und nimmer eine Lästerung der Ehe sein, vielmehr die eindringliche Mahnung: Was wir durch Ehelosigkeit, das müßt ihr durch die Ehe erreichen.
