III.
Es möchte aber einer dieser Rede kühnlich den Vorwurf machen, sie ermangle der Zeugnisse aus der Schrift; gut, so wollen wir denn auch die Autorität der S. 288 Propheten beibringen und damit das bisher Gesagte noch mehr ins Licht der Wahrheit setzen. Einmal Abraham: der war der Erste, der als Bundeszeichen die Beschneidung bekam; wenn er nun an sich selbst das Glied seines Fleisches beschnitt, so wollte er damit offenbar nichts anderes an deuten, als das: man solle nicht mehr mit einer aus dem gleichen Blute Geschaffenen Kinder erzeugen; ein jeder solle von seiner Schwester die Lust des Beiwohnens abschneiden wie das Stück vom Fleische; das war seine Lehre. So hört seit Abrahams Zeiten der Umgang und der Beischlaf mit den eigenen Schwestern auf; mit einer Mehrzahl von Weibern aber Ehebündnisse zu schließen, das ist abgeschafft seit der Prophetenzeit. Es heißt ja: „Deinen Leidenschaften sollst du nicht nachgehen und von deinen Begierden halte dich zurück“1; denn „Wein und Weiber werden Weise zu Falle bringen“2 und an einer andern Stelle: „Dein sei deine Wasserquelle und mit deinem Weibe, das du besitzest seit deiner Jugend, erfreue dich“3; damit spricht er offenbar gegen die Vielweiberei. Jeremias aber nennt „Weibertolle Hengste“4 ersichtlich die Männer, die nach verschiedenen Weibern in Gier entbrennen; es heißt ja: „Furchtbar ist der Gottlosen Masse, aber sie wird nichts nütze sein und mit wilden Ablegern wird sie nicht Wurzeln schlagen in die Tiefe“5. Aber freilich, wir wollen ja nicht des langen und breiten eine ganze Vorlesung halten von den Sprüchen des Propheten; lasset uns denn auch davon eine Übersicht geben, wie der Verkehr mit einem Weibe Platz macht der weisen Zucht, bis diese den Trieb zum Beischlaf, den die Sitte autorisierte, gänzlich vernichtete und des Fleisches Lüste bis auf ein geringes wegräumt. Da tritt nun sogleich einer auf, der ersichtlich fortan gerade die Verführung dazu verwirft; er sagt: „Herr, Du Vater und Fürst meines Lebens, überlasse mich nicht ihrem Willen, nimm von mir die Hoffart der S. 289 Augen; des Herzens Lust nach Beischlaf soll mich nicht ergreifen“6 Und erst im Buch der Weisheit, das da aller Tugenden voll, da will der heilige Geist ohne Umschweife die Hörer fortreißen zur Enthaltsamkeit und weisen Zucht; das ist sein Hymnus: „Besser keine Kinder, aber Tugend; denn Unsterblichkeit durchzieht der Tugend Gedächtnis, bei Gott ist sie anerkannt und bei Menschen; ist sie gegenwärtig, so ehrt man sie, ist sie fort, so sehnt man sich nach ihr und in der Ewigkeit prangt sie den Kranz auf dem Haupte, als Siegerin im Kampfe um die makellosen Kampfpreise“7.
