5.
Allein die Verwegenheit der Menschen sah es S. 537 nicht auf das Nützliche und Geziemende ab, sondern zielte nach dem Möglichen und begann, in entgegengesetzter Richtung tätig zu sein. So führte sie die Hand zu widernatürlichem Tun und ließ sie morden, verführte das Ohr zum Überhören und die anderen Glieder zum Ehebruch anstatt zu rechtmäßiger Kindererzeugung, die Zunge statt zur Segnung zu Lästerung, Schmähung und Meineid, die Hand wieder zu Diebstahl und Mißhandlung der Nebenmenschen, den Geruchsinn zur Aufnahme mannigfacher erotischer Gerüche, die Füße zu raschem Blutvergießen1, den Bauch zu Trunkenheit und unersättlicher Schlemmerei, was lauter Missetaten und Sünden der Seele sind. Die Schuld daran liegt aber nirgends anderswo als in der Abkehr vom Besseren. Denn wie ein Wagenlenker, der auf der Rennbahn das Gespann besteigt, aber auf das Ziel nicht achtet, dem er zufahren soll, von diesem vielmehr ablenkt und das Roß überhaupt nur leitet, wie er es gerade kann — er kann es aber leiten, wie er will —, oft auf die ihm Begegnenden stößt, oft auch über Abhänge stürzt und da anlangt, wohin ihn die Hitze der Rosse führt, und dabei noch meint, bei solchem Laufe das Ziel nicht verfehlt zu haben — er sieht ja nur auf den Lauf, ohne darauf zu achten, ob er vom Ziel abgekommen ist —, so kommt auch die Seele zum Falle, die vom Wege zu Gott sich abkehrt und die Glieder des Leibes zu Ordnungswidrigem veranlaßt oder gar auch selbst mit ihnen sich instinktiv leiten läßt; und sie gestaltet sich selbst das Böse, ohne wahrzunehmen. daß sie vom Wege abgeirrt ist und fern vom Ziel der Wahrheit steht, das der Christusträger, der selige Paulus, im Auge hatte, wenn er sagte: „Ich verfolge das Ziel, den Siegespreis der himmlischen Berufung in Christus Jesus“2. So auf das Gute achtend, tat der Heilige nie das Böse.
