2.
Für die Arianer liegt allerdings auch diese Anschauung nicht fern. Denn da sie einmal den Logos Gottes leugnen, ist es natürlich, wenn sie in gleicher Weise auch gegen seinen Geist lästern. Darum brauche ich gegen sie auch nichts mehr zu sagen; denn es genügt, was vordem gegen sie gesagt worden ist1. Gegenüber jenen aber, die sich über den Geist im Irrtum befinden, ist in gewisser Weise2, wie sie sich selbst ausdrücken dürften, eine Untersuchung und eine Antwort am Platze. Denn man muß sich über den Unverstand dieser Leute wundern, daß sie die Geschöpflichkeit des Sohnes Gottes ablehnen — und hierin vertreten sie auch S. 402 die richtige Anschauung —, trotzdem es aber auch nur ertragen können, den Geist des Sohnes ein Geschöpf nennen zu hören. Wenn sie nämlich wegen der Einheit des Logos mit dem Vater nicht zugeben, daß der Sohn selbst zu den geschaffenen Wesen gehöre, sondern, wie es der Wahrheit entspricht, dafür halten, daß er Schöpfer der gewordenen Dinge sei, warum nennen sie den Heiligen Geist ein Geschöpf, der mit dem Sohn dieselbe Einheit besitzt wie dieser mit dem Vater, und warum sehen sie nicht ein, daß sie durch die Ablehnung einer Trennung des Sohnes vom Vater wohl die Einheit Gottes wahren, aber durch die Trennung des Geistes vom Logos die Einheit des göttlichen Wesens in der Trinität darangeben, da sie dasselbe spalten, ihm eine fremde, wesensverschiedene Natur beimischen und es den Geschöpfen gleichstellen? Das läßt die Trinität nicht mehr als Wesenseinheit erscheinen, sondern als Zusammensetzung aus zwei verschiedenen Naturen, wegen der Wesensverschiedenheit des Geistes, wie sie sich dieselbe erdichtet haben. Was soll aber das für eine Gottesvorstellung sein, die Schöpfer und Geschöpf in sich beschließt? Denn entweder gibt es keine Trinität (τριάς), sondern eine Zweiheit (δυάς) und dann die Schöpfung; oder, wenn es eine Trinität gibt, wie es in Wirklichkeit der Fall ist, warum stellen sie den Geist der Trinität mit den Geschöpfen zusammen, die erst auf die Trinität folgen? Denn das heißt wieder, die Trinität zertrennen und auflösen. Weil sie also über den Heiligen Geist unrichtig denken, können sie auch über den Sohn nicht richtig denken. Denn, wenn sie über den Logos richtig dächten, würden sie auch über den Geist richtig denken, der vom Vater ausgeht und dem Sohne eigen ist, von ihm den Jüngern und allen, die an ihn glauben, gegeben wird. In diesem Irrtum befangen, haben sie nicht einmal über den Vater den wahren Glauben. Denn jene, die dem Geiste widerstehen, leugnen, wie der große Blutzeuge Stephanus sagte3, auch den Sohn. Jene aber, die den Sohn leugnen, haben auch den Vater nicht4. S. 403
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Damit ist wohl das dogmatische Hauptwerk des Athanasius, die Schrift „gegen die Arianer„ gemeint. Loofs (Protest. Realencykl. 2, 200) hält aber auch einen Hinweis auf die „Geschichte der Arianer“ oder auf eine verlorene Schrift für möglich. ↩
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Τρόπῳ τινὶ, weil sie die von den Rechtgläubigen zum Erweis der Gottheit des Heiligen Geistes gebrauchten Stellen der Schrift in übertragenem, figürlichem Sinn (τροπικῶς) erklärten. Davon erhielten sie auch den Namen Tropiker (s. n. 10. 17. 21). S. Th. Schermann, die Gottheit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des vierten Jahrhunderts, Freiburg 1901,12 ↩
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Apg. 7,51. ↩
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1 Joh. 2,23. ↩
