4. Frage.
Wenn Jemand auch wegen geringer Sünden die Brüder beängstigt, indem er sagt: Ihr müßt euch belehren; ist ein Solcher nicht unbarmherzig und verletzt die Liebe?
Antwort. Da der Herr behauptet, kein Jota oder kein Punkt werde von dem Gesetze vergehen, bis Alles geschehen sei1 und da er erklärt, die Menschen würden über jedes müßige Wort, das sie reden, am Tage des Gerichts Rechenschaft geben,2 so dürfen wir Nichts als gering verachten; „denn wer eine Sache verachtet,“ sagt Salomon, „der wird ihretwegen verachtet.“3 Und anderseits, welche Sünde wird Jemand gering zu nennen wagen, da der Apostel ausdrücklich sagt, S. 186 daß „du durch die Übertretung des Gesetzes Gott entehrst“?4 Ist aber die Sünde der Stachel des Todes, nicht diese oder jene, sondern jede Sünde ohne Unterschied, so ist Der unbarmherzig, welcher dazu schweigt, nicht welcher sie tadelt, wie Derjenige, welcher dem von einer giftigen Schlange Gebissenen das Gift läßt, nicht wer es fortschafft. Ein Solcher zerstört auch die Liebe; denn es steht geschrieben: „Wer die Ruthe schont, der haßt seinen eigenen Sohn; wer ihn aber liebt, der hält ihn fleissig in Zucht.“5
