2.
Ist nun folgerichtig zugestanden, das Wort Gottes sei ewig, so muß man notwendig auch zugeben, daß die Subsistenz des Wortes eine lebendige sei; denn es ist unstatthaft zu glauben, das Wort subsistiere nach der Art der Steine leblos. Vielmehr wenn es als etwas Geistiges und Unkörperliches subsistiert, so lebt es jedenfalls. Wäre es ohne Leben, so hätte es überhaupt keinen Bestand; nun aber hat sich die Meinung, das Wort Gottes habe keinen Bestand, als gottlos erwiesen; folgerichtig ist damit auch zugleich erwiesen, daß dieses Wort als ein lebendiges aufzufassen ist. Da ferner die Natur des Wortes mit Recht für einfach gehalten wird und man weder Zweifachheit noch Zusammensetzung bei ihr zuläßt, so wird wohl niemand demselben ein solches Leben zuschreiben, das es bloß auf Grund der Teilnahme besitzt ― eine derartige Meinung würde die Annahme einer Zusammensetzung einschließen, weil damit gesagt wäre, eines existiere durch das andere ―, sondern sobald man seine Einfachheit anerkennt, muß man auch einräumen, das Wort sei selbständiges Leben, nicht nur teilnehmend am Leben. Wenn nun das Wort lebt, weil es selbst Leben ist, so besitzt es auch Willenskraft; denn es gibt nichts Lebendiges, das ohne Willen wäre.
Die Ehrfurcht gegen Gott verlangt aber die weitere Folgerung, daß dieser Wille mächtig sei. Denn wollte jemand ihm keine Macht zuschreiben, so müßte er von ihm Ohnmacht behaupten. Aber Ohnmacht liegt fernab vom Begriff Gottes; denn nichts Widersprechendes läßt sich von der göttlichen Natur denken ― und man ist zu dem Bekenntnis gezwungen, die Macht des Wortes sei so groß wie sein Wille, damit an dem Einfachen nicht eine Vermischung oder Verbindung von Gegensätzen sich S. 6 zeige, nämlich Macht und Ohnmacht in ein und demselben Willen, insofern dieser zwar einiges vollbrächte, zu anderem aber unvermögend wäre. Eine Folge der Allmacht ist es sodann, daß der Wille des Wortes keine Neigung zum Bösen hat ― eine solche Neigung ist von der göttlichen Natur ausgeschlossen ―, sondern daß er alles Gute will, ferner daß er, was er will, auch kann, aber auch, daß er, was er kann, auch nicht ungeschehen läßt, vielmehr die guten Entschlüsse auch in die Wirklichkeit überführt. Gut ist nun die Welt und all das, was in ihr sich uns als weise und kunstvoll darstellt. Demnach sind alle Dinge das Werk des Wortes ― jenes Wortes, welches lebt und besteht, da es Gottes Wort ist, jenes Wortes, welches alles, was es will, vermag, jenes Wortes, welches alles Gute und Weise und überhaupt alles Treffliche will.
