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Siehst du, wie er im Verlauf der Zeit sie achtungswert macht! Solange sie nämlich bloß in seinem Vorherwissen existiert, waren sie niemandem offenbar; nachdem sie aber besiegelt waren, sind sie offenbar geworden, doch nicht wie ihr1 ; denn mit wenigen S. 175 Ausnahmen werden sie erst offenbar werden. Besiegelt wurden die Israeliten, aber durch die Beschneidung, wie die Herden und die unvernünftigen Tiere. Besiegelt wurden auch wir, aber wie Söhne, mit dem Geiste. - Nun, daß wir ihn der Verheißung gemäß empfangen haben. Denn es gibt zwei Verheißungen: die eine durch die Propheten, die andere von dem Sohne. Durch die Propheten. Höre, was Joel spricht: „Ausgießen werde ich von meinem Geiste über alles Fleisch, und es werden weissagen eure Söhne und eure Töchter, und eure Jünglinge werden Gesichte sehen, und eure Greise werden Träume träumen“2 . Höre auch, was Christus sagt: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der über euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an die Grenzen der Erde“3 . Allerdings, will der Apostel sagen, verdiente er als Gott unbedingten Glauben. Trotzdem stützt er sich nicht darauf, sondern untersucht, als ob es sich um einen Menschen handelte; wie er auch im Hebräerbriefe tut, wo er sagt: „damit wir an zwei unwandelbaren Dingen, wobei Gott unmöglich lügen kann, eine feste Stütze haben“4 . So führt er auch an unserer Stelle als Beweis für die in der Zukunft in Aussicht gestellten Güter das an, was bereits gewährt worden ist. gen nennt er es auch ein Unterpfand; denn das Unterpfand ist ein Teil des Ganzen. Er hat uns unser Heil erkauft und uns inzwischen ein Unterpfand gegeben. Warum gab er nicht gleich das Ganze her? Weil auch wir noch nicht alles getan haben. Wir glaubten; das ist der Anfang. Auch er gab ein Unterpfand. Wenn wir den Glauben durch die Werke betätigt haben, dann legt er uns das Ganze bei. Ja er gab sogar noch einen anderen Preis, sein eigenes Blut, und wieder einen anderen versprach er. Wie im Falle eines Krieges zwischen Volk und Volk Geiseln gestellt werden, so gab S. 176 auch Gott als Unterpfand des Friedens und des Bündnisses seinen Sohn und den aus ihm hervorgegangenen Heiligen Geist. Denn die, welche wirklich des Geistes teilhaftig geworden sind, wissen, daß er ein „Unterpfand unserer Erbschaft“ ist. Ein solcher war Paulus, der hinieden bereits das Jenseits gekostet; daher sein dringendes Verlangen, seine schmerzliche Sehnsucht, das Diesseits zu verlassen; daher sein Seufzen. Denn er sah mit anderen Augen, da er sein ganzes Sinnen bereits auf das Jenseits gerichtet hatte. Du hast nicht Teil an der Sache; deshalb bleibt dir auch das Wort verschlossen. Wären wir alle des Geistes teilhaftig, wie wir sollten, so würden wir den Himmel sehen und den Zustand daselbst. -
Ein Unterpfand ist er, wofür? Für die Erlösung, für den Besitz. Denn die volle Erlösung findet erst dort statt. Jetzt verkehren wir noch in der Welt, jetzt begegnet uns noch viel Menschliches, jetzt sind wir noch mit den Gottlosen beisammen; erst wenn es keine Sünden, keine menschlichen Leidenschaften mehr gibt, wenn wir nicht mehr mit allen durcheinandergemischt sind, dann ist volle Erlösung. Jetzt aber das Unterpfand. Doch auch jetzt schon haben wir uns von ihnen gesondert; denn unser Wandel ist nicht auf Erden. Auch jetzt schon stehen wir außerhalb des Diesseits; denn Fremdlinge sind wir hinieden. Auch jetzt schon müssen wir uns ferne halten der Sünde, da wir bestimmt sind „zum Lobe seiner Herrlichkeit“. Wieder und wieder betont er dies. Warum denn wohl? Weil es dazu dient, die Hörer [vollkommen] zu überzeugen. Wenn nämlich, so will er sagen, Gott dies bloß unsertwegen täte, wäre die Sache nicht ohne Zweifel; wenn er es aber um seinetwillen tut und um seine Güte zu zeigen, so gibt er damit gleichsam ein Zeugnis, einen Beweis, daß dies nicht anders geschehen kann. Das finden wir auch bei den Israeliten allenthalben ausgesprochen: „Tue mit uns um deines Namens willen“5 ; und wiederum spricht S. 177 Gott selbst: „Ich tue es um meinetwillen“6 ;und Moses: „Tue mit uns um deines Namens willen, wenn schon niemandem sonst zuliebe“7 . Dies überzeugt die Hörer und ermutigt sie, da sie einsehen, daß er wegen seiner eigenen Güte alles erfüllen wird, was er verheißen hat. Indessen dürfen wir darum nicht sorglos sein; denn wenn er es auch um seinetwillen tut, so verlangt er gleichwohl unsere Mitwirkung. Wenn er nämlich sagt: „Wer mich ehrt, den werde auch ich ehren, und die mich verachten, sollen verächtlich werden“8 , so laßt uns bedenken, daß er damit auch an uns Anforderungen stellt. Das Lob seiner Herrlichkeit besteht in der Rettung seiner Feinde, aber nur jener, welche, einmal Freunde geworden, auch Freunde bleiben; würden sie also wieder zur früheren Feindschaft zurückkehren, so wäre alles umsonst und vergeblich.
