2.
Denn wir heißen Gläubige (πιστοί) nicht nur deshalb, weil wir Glauben schenken (διὰ τὸ πιστεύειν), sondern auch weil uns von Gott Geheimnisse zum Glauben anvertraut worden sind (διὰ τὸ πιστευθῆναι), von denen nicht einmal die Engel vor uns Kenntnis hatten. Indes kommt es dem hl. Paulus nicht darauf an, die Ausdrücke scharf auseinander zu halten. —
V. 3: „Wir danken Gott, dem Vater1 unseres Herrn Jesus Christus, ...“
Es will mir scheinen, er führe alles auf den Vater zurück" auf daß ihnen nicht sofort der Logos in den Sinn komme. — „... indem wir allezeit für euch beten ...“ Nicht nur durch die Danksagung, sondern auch durch das unablässige Gebet bekundet er seine Liebe, weil er auch diejenigen, die er nicht vor Augen hatte, immerdar in seinem Herzen trug.
V. 4: „Da wir gehört haben von eurem Glauben an Christus Jesus.“
Mit den Worten: „unseres Herrn“, die vorausgehen, will er sagen: Er ist der Herr, nicht die Diener2. — „Je- S. 239 sus Christus.“ Auch diese Namen sind Symbole seiner Wohltat: „Denn er“, sagt die Schrift, „wird sein Volk erlösen von ihren Sünden3.“ — „Da wir gehört haben von eurem Glauben an Christus Jesus und von der Liebe zu allen Heiligen ...“ Er schickt sich an, sie für sich zu gewinnen. Epaphroditus4 ist der Überbringer dieser Nachrichten; den Brief aber schickt er durch Tychikus5, während er jenen bei sich behält. „Und von der Liebe zu allen Heiligen“, sagt er. Nicht zu diesem und jenem; folglich auch zu uns.
V. 5: „wegen der euch im Himmel hinterlegten Hoffnung ...“
Damit meint er die zukünftigen Güter. Er weist darauf hin gegenüber den Prüfungen (dieses Lebens), auf daß sie nicht hienieden die Ruhe suchten. Um nämlich die Einrede abzuschneiden: Was haben sie denn von ihrer Liebe zu den Heiligen, wenn sie selber verfolgt werden? — sagt er: Wir freuen uns, daß ihr euch große Schätze im Himmel verschafft. „Wegen der hinterlegten Hoffnung.“ Damit zeigte er das Sichere (derselben). — „... von welcher ihr zuvor gehört habt durch das Wort der Wahrheit ...“ Hier nimmt seine Ausdrucksweise die Form des Tadels an, daß sie, die schon lange Zeit im Besitze der Hoffnung waren, ihren Weg verkehrten. Er sagt: „von welcher ihr zuvor gehört habt durch das Wort der Wahrheit des Evangeliums.“ Er bezeugt es als Wahrheit. Mit Recht; denn es findet sich nichts Falsches darin. — „... des Evangeliums ...“. Er sagt nicht „der Predigt“, sondern heißt es „Evangelium“, sie beständig an die Wohltaten Gottes erinnernd. Nachdem er sie zuerst gelobt, ruft er hiemit diese wieder ins Gedächtnis zurück.
V. 6: „das zu euch gekommen ist, sowie es auch in der ganzen Welt ist ...“
Seine Sprache klingt schon wieder wohlwollend gegen sie. Die Wendung „das gekommen ist“ aber gebraucht S. 240 er im uneigentlichen Sinne. Er will sagen: Es hat sich nicht eingestellt und (wieder) entfernt, sondern es blieb und ist noch dort. Sodann, weil die große Menge ganz besonders dadurch befestigt wird, daß sie viele zu Glaubensgenossen hat, deswegen fügt er bei: „sowie es auch in der ganzen Welt ist“. Überall findet es sich vor, überall herrscht es, überall hat es festen Bestand. — „... und Früchte bringt und wächst, gleichwie auch unter euch ...“ Es „bringt Früchte“ durch die Werke; es „wächst“ dadurch, daß es viele an sich zieht, dadurch, daß es mehr und mehr an Festigkeit gewinnt. Denn auch in der Pflanzenwelt entsteht dann ein dichtes Gefüge, wenn die Pflanze feste Wurzeln geschlagen hat. „Gleichwie auch unter euch“, sagt er. Er nimmt von vornherein den Zuhörer durch Lobsprüche gefangen, so daß derselbe wohl oder übel nicht abtrünnig werden kann. — „... seit dem Tage, da ihr gehört ...“ Das Wunderbare ist, daß ihr so schnell euch angeschlossen und den Glauben angenommen und gleich von Anfang an Früchte gebracht habt. „... seit dem Tage, da ihr gehört und erkannt habt die Gnade Gottes in der Wahrheit ...“ Nicht in bloßen Worten, meint er, oder in leerem Wahne, sondern in den Werken selbst. Das also heißt er „Früchte bringen“; oder (er spricht) von den Zeichen und Wundern, daß ihr die Gnade Gottes zugleich empfangen und erkannt habt. Wie sollte es euch also nicht schwer werden, dem, was sogleich seine eigentümliche Macht geoffenbart hat, jetzt den Glauben zu versagen?
V. 7: „... sowie ihr auch von Epaphras, unserm geliebten Mitknechte, gelernt habt ...“
Dieser hatte wahrscheinlich dort gepredigt. „Gelernt habt“ das Evangelium. Um sodann die Glaubwürdigkeit dieses Mannes hervorzuheben, sagt er: „von unserm Mitknechte.“ — ... der für euch ein treuer Diener Christi6 ist.
V. 8: „der uns auch kundgetan hat eure Liebe im Geiste.“
Werdet nicht wankend, will er sagen, in der Hoffnung auf die Zukunft! Ihr seht die Bekehrung des ganzen Erd- S. 241 kreises. Doch was brauche ich auf das hinzuweisen, was anderswo geschieht? Auch davon abgesehen, bieten die Geschehnisse bei euch volle Gewähr. Denn „ihr habt erkannt die Gnade Gottes in der Wahrheit“, d. h. in den Werken. Diese zwei Dinge also geben sichere Bürgschaft hinsichtlich der zukünftigen Güter: daß alle Welt den Glauben angenommen hat, und daß auch ihr gläubig geworden seid. Die Wirklichkeit hat die Versicherungen des Epaphras nicht Lügen gestraft. — „Der treu ist“, sagt er; d. h. wahrhaftig. — Inwiefern „für euch ein Diener“? Weil er zu Paulus kam. — „Der uns auch kund getan hat“ heißt es, „eure Liebe im Geiste“; d. h. eure geistliche Liebe zu uns. — Wenn dieser „ein Diener Christi“ ist, wie könnt ihr behaupten, daß ihr durch Engel mit Gott in Verbindung tretet? — „Der uns auch kundgetan hat“, sagt er, „eure Liebe im Geiste.“ Denn diese Liebe ist unwandelbar und bewunderungswürdig; jede andere trägt von der Liebe nur den Namen. Es gibt aber manche, die nicht so gesinnt sind. Allein das ist nicht wahre Freundschaft; darum löst sie sich auch leicht wieder auf.
