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Über das Pallium oder den Philosophenmantel (BKV)
5. Humoristische Schilderung der Unbequemlichkeit der Toga. Das Pallium dagegen bildet eine bequeme Tracht; es ist das Kleid der Philosophen und ein Ausdruck der Liebe zur Einfachheit.
Und doch rufst Du: "Also von der Toga zum Pallium!" Wie denn, wenn es hieße, vom Diadem oder vom Szepter zum Pallium? Oder war die Veränderung, welche Anacharsis vornahm, da er es vorzog, Philosoph zu sein, statt Scythien zu regieren, etwa eine andere? Doch geben wir zu, dass keine Anzeichen einer Hinwendung zum Bessern vorhanden seien, so ist das Gewand selbst die bewirkende Ursache einer solchen. -- Vorerst, was sein bloßes Anlegen betrifft, so ist es frei von Unannehmlichkeiten. Denn man bedarf dazu keines Künstlers, der es am Tage vorher von oben an in kleine Falten legt, diese bis zu den großen Längsfalten1 herunterführt und dann das ganze künstliche Gebilde des eingezogenen Ellbogens2 mittels zusammenhaltender Spangen zurechtlegt. Am ändern Morgen wird dann die Tunika durch den Gürtel aufgeschürzt -- die man hätte doch lieber gleich knapper anfertigen sollen -- der Ellbogenbausch wird noch einmal gemustert und, wenn er etwas aus der Lage gekommen, wieder zurecht gerückt. Einen Teil lässt er für die linke Seite übrig, den Außenteil aber, woraus der Busen gebildet wird, wo schon keine Längsfalten mehr sind, zieht er von den Schultern zurück und häuft ihn mit Ausschluss der rechten über die linke, verleiht nun auch dem Rücken der Länge nach ein anderes ähnliches Faltenwerk und legt auf diese Weise dem Menschen in seiner Kleidung eine S. 29förmliche Last an. Ich will Dich schließlich einmal aufs Gewissen fragen, wofür Du Dich, wenn Du in der Toga steckst, eher zu halten geneigt bist, ob für einen bekleideten oder für einen bepackten Menschen? Für einen geputzten Mann oder einen Lastträger? Wenn Du nein sagst, so werde ich Dich nach Hause begleiten und sehen, was Du -- eben über die Schwelle getreten -- so eilig tust. Man gratuliert sich fürwahr bei keinem ändern Kleide zum Ablegen wie bei der Toga. Von den Schuhen sagen wir nichts, dieser zur Toga zugehörigen Plage, der höchst unsauberen, aber zugleich auch nutzlosen Bedeckung der Füße3. Denn wem würde es nicht zuträglicher sein, als Barfüßer bei Hitze und Kälte steif zu werden, als sich die Füße in Schuhe einschnüren zu lassen. Für eine gewaltige Erleichterung beim Gehen haben die venetianischen Schuhfabriken gesorgt mit ihren weibisch-weichlichen Stiefeletten.
Nichts ist dagegen bequemer als das Pallium, wenn es auch das doppelte des Krates wäre. Das Ankleiden ist niemals mit Zeitverlust verbunden. Denn die ganze Arbeit, die man damit hat, besteht in einem zwanglosen Sichbedecken, Dies kann man mit einem einmaligen Umwerfen erreichen, und zwar braucht es niemals gewaltsam zu geschehen. So umhüllt es den ganzen Menschen auf einmal. Was die Umhüllung der Schulter angeht, so gibt es dieselbe frei oder umschließt sie. Was das übrige betrifft, so sitzt es an der Schulter fest, es braucht nicht gehalten zu werden, es schnürt niemals ein, es macht keine Mühe wegen der Bewahrung der Längsfalten, es lässt sich leicht in Ordnung halten und leicht wieder in Ordnung bringen; auch wird es, wenn man es ablegt, nicht etwa einer Stellage für den morgigen Tag anvertraut. Wenn man noch ein Hemd darunter an hat, so ist man frei von der Plage des Gürtels; wenn eine Fußbekleidung dazu angezogen wird4, so ist S. 30das ein sehr reinliches Wesen. Oder die Füße bleiben lieber nackt; dann erscheinen sie gewiss mannhafter als in Schuhen. So viel vorläufig zugunsten des Palliums, inwiefern Du es hinsichtlich seines Namens und Wesens geschmäht hast5.
Nunmehr legt es aber auch hinsichtlich seiner Obliegenheiten Berufung ein. "Ich habe", sagt es, "keine Verpflichtungen für das Forum, keine für das Marsfeld und die Ratsversammlung, ich brauche zu keinem Dienst früh aufzustehen6, zu keiner Rednerbühne dränge ich mich hinzu, nach keinem prätorischen Amthause habe ich mich zu richten, in die Kanäle habe ich meine Nase sieht zu stecken7, die Gerichtsschranken betrete ich nicht8, die Richterbänke beschwere ich nicht, das Recht verwirre ich nicht. Prozessreden belfere ich nicht herunter; ich bin nicht Richter, nicht Soldat, nicht Regierungsbeamter. Ich bin aus dem Volke ausgeschieden und habe nur ganz allein mit mir zu tun; ich bin nur dafür besorgt, dass ich keine Sorgen habe. In der Zurückgezogenheit würdest auch Du Dein Leben besser genießen als in Geschäftigkeit. Aber Du verschreist das als schlaffe Untätigkeit; denn natürlich, man muss dem Vaterlande, dem Reiche und dem Erwerbe leben. Das war früher die herrschende Ansicht. Allein es wird niemand für einen andern geboren, da man nur für sich selbst stirbt. Wenigstens, wenn die Rede auf Leute wie Epikur und Zeno kommt, so nennt man diese ganze Lehrkörperschaft der Geschäftslosigkeit, welche im Namen der höchsten und einzigen Lust das Nichtstun für heilig erklärt hat, weise Männer.
Doch es wird mir fast auf gleiche Weise gestattet sein, mich öffentlich zu zeigen. Ich pflege an jeder Schwelle und bei jedem Hausaltar zu stehen und Heilmittel für die Sittlichkeit anzugeben, welche den S. 31Staaten, den Städten, den Ländern mit mehr Erfolg die Gesundheit verschaffen würden, als Deine Anstrengungen. Denn, wenn ich zu scharfen Waffen gegen Dich greifen wollte, so haben die Togen des Friedens dem Staate mehr geschadet als die Panzer des Krieges. Ich aber beschönige keinen Fehler, schone keines alten Unrats und keines Aussatzes. Ich setze das Brenneisen an die Art des Ehrgeizes, womit M. Tullius eine runde Tischplatte von Citrusholz um 500 000 Sesterzen erwarb, und Asinius Gallus für einen ebensolchen mauretanischen Tisch noch zweimal so viel bezahlte. Hm! Einem anständigen Vermögen haben sie die Masern des Holzes gleich geschätztl Und wie bringt Sulla seine hundertpfundigen Silberschüsseln vom Fleck? Ich befürchte in der Tat, dass dieses Gewicht noch klein erscheine, da Drusillanus -- er war der Sklave des Claudius -- einen Tafelaufsatz von 500 Pfund erbaute; er war für die eben beschriebenen Tische so vielleicht nötig, und wenn man für ihn eine eigene Werkstätte errichten musste, dann vielleicht auch einen besonderen Speisesaal. Ebenso setze ich meine Lanzette auch an die Grausamkeit, womit Vedius Pollio seinen Muränen Sklaven zum Frauße vorwarf. Indem er an der ganz neumodischen Grausamkeit und zwar eines zahnlosen, krallen- und hörnerlosen Landtieres9 Gefallen fand, hatte er die Liebhaberei, aus Fischen wilde Tiere zu machen; denn sie sollten sofort gegessen werden, damit er selber in ihren Eingeweiden noch etwas von den Körpern seiner Sklaven genieße. Beseitigen werde ich jene Art der Leckerhaftigkeit, infolge deren der Redner Hortensius der erste war, der den Pfau zu schlachten und zu essen imstande war, infolge deren Aufidius Lurco als der erste den Körper dieses Tieres durch Mästung entstellte und durch eingezwungene Nahrung zu einem unechten Wohlgeschmacke präparierte, infolge deren Asinius Celer für Seebarben zu einer einzigen Mahlzeit 6000 Sesterzen bot, der Schauspieler Aesopus aus Vögeln von derselben S. 32Kostbarkeit, da sie nämlich die besten und fleißigsten Singvögel sind, eine Schüssel von 100 000 in Vorrat hatte, und sein Sohn selbst nach einer solchen Delikatesse einen noch kostspieligem Appetit zu haben vermochte. Er schlürfte nämlich Perlen, deren Name schon an Kostbarkeiten erinnert, vermutlich, um nicht lumpiger als sein Vater gespeist zu haben. Von Leuten wie Nero, Apicius und Rufus10 schweige ich lieber. Ich werde ein Mittel geben gegen die Unlauterkeit des Scaurus, die Spielsucht des Curius und die Trunksucht des Antonius.
Und vergiss nicht, dass dieses vorläufig nur wenige sind von den vielen, die mit der Toga bekleidet waren. Im Pallium gibt es derartige Leute so leicht nicht. Wer wird diese Krankheitsstoffe des Staates ableiten und auseitern machen, wenn nicht die Predigt des Palliums?
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Die richtige Lesart ist ohne Zweifel in tabulas. Tabulae sind die großen Längsfalten, welche einem Bretterbau, contabulatio, ähnlich sehen. ↩
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Des rechten Arms, der nämlich im künstlich gefalteten und über die linke Schulter geschlagenen Ende der Toga ruhte. ↩
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Zur Toga gehörten die calcei Schuhe welche man im Hause nicht trug. ↩
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In diesem Fall sind es dann bloße Sandalen, keine hohen Schuhe, wie bei der Toga. ↩
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Das auffallende und unerklärliche comitiasti ist vielleicht zu lesen conviciasti, als Nebenform von convicion. ↩
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Als Klient bei einem Patron. ↩
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Wie die Ädilen. ↩
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Adoro willl nicht recht passen. Ich vermute adorio, altertümliche Nebenform von adorior. ↩
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Ich folge an dieser schwierigen und dunklen Stelle der Lesart delectatus terrenae bestiae et edentualae et exunguis et excornis. ↩
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Er soll Störche gespeist haben. ↩
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On the Pallium
Chapter V.--Virtues of the Mantle. It Pleads in Its Own Defence.
"Still," say you, "must we thus change from gown 1 to Mantle?" Why, what if from diadem and sceptre? Did Anacharsis change otherwise, when to the royalty of Scythia he preferred philosophy? Grant that there be no (miraculous) signs in proof of your transformation for the better: there is somewhat which this your garb can do. For, to begin with the simplicity of its uptaking: it needs no tedious arrangement. Accordingly, there is no necessity for any artist formally to dispose its wrinkled folds from the beginning a day beforehand, and then to reduce them to a more finished elegance, and to assign to the guardianship of the stretchers 2 the whole figment of the massed boss; subsequently, at daybreak, first gathering up by the aid of a girdle the tunic which it were better to have woven of more moderate length (in the first instance), and, again scrutinizing the boss, and rearranging any disarrangement, to make one part prominent on the left, but (making now an end of the folds) to draw backwards from the shoulders the circuit of it whence the hollow is formed, and, leaving the right shoulder free, heap it still upon the left, with another similar set of folds reserved for the back, and thus clothe the man with a burden! In short, I will persistently ask your own conscience, What is your first sensation in wearing your gown? Do you feel yourself clad, or laded? wearing a garment, or carrying it? If you shall answer negatively, I will follow you home; I win see what you hasten to do immediately after crossing your threshold. There is really no garment the doffing whereof congratulates a man more than the gown's does. 3 Of shoes we say nothing--implements as they are of torture proper to the gown, most uncleanly protection to the feet, yes, and false too. For who would not find it expedient, in cold and heat, to stiffen with feet bare rather than in a shoe with feet bound? A mighty munition for the tread have the Venetian shoe-factories provided in the shape of effeminate boots! Well, but, than the Mantle nothing is more expedite, even if it be double, like that of Crates. 4 Nowhere is there a compulsory waste of time in dressing yourself (in it), seeing that its whole art consists in loosely covering. That can be effected by a single circumjection, and one in no case inelegant: 5 thus it wholly covers every part of the man at once. The shoulder it either exposes or encloses: 6 in other respects it adheres to the shoulder; it has no surrounding support; it has no surrounding tie; it has no anxiety as to the fidelity with which its folds keep their place; easily it manages, easily readjusts itself: even in the doffing it is consigned to no cross until the morrow. If any shirt is worn beneath it, the torment of a girdle is superfluous: if anything in the way of shoeing is worn, it is a most cleanly work; 7 or else the feet are rather bare,--more manly, at all events, (if bare,) than in shoes. These (pleas I advance) for the Mantle in the meantime, in so far as you have defamed it by name. Now, however, it challenges you on the score of its function withal. "I," it says, "owe no duty to the forum, the election-ground, or the senate-house; I keep no obsequious vigil, preoccupy no platforms, hover about no praetorian residences; I am not odorant of the canals, am not odorant of the lattices, am no constant wearer out of benches, no wholesale router of laws, no barking pleader, no judge, no soldier, no king: I have withdrawn from the populace. My only business is with myself: except that other care I have none, save not to care. The better life you would more enjoy in seclusion than in publicity. But you will decry me as indolent. Forsooth, we are to live for our country, and empire, and estate.' Such used, 8 of old, to be the sentiment. None is born for another, being destined to die for himself. At all events, when we come to the Epicuri and Zenones, you give the epithet of sages' to the whole teacherhood of Quietude, who have consecrated that Quietude with the name of supreme' and unique' pleasure. Still, to some extent it will be allowed, even to me, to confer benefit on the public. From any and every boundary-stone or altar it is my wont to prescribe medicines to morals--medicines which will be more felicitous in conferring good health upon public affairs, and states, and empires, than your works are. Indeed, if I proceed to encounter you with naked foils, gowns have done the commonwealth more hurt than cuirasses. Moreover, I flatter no vices; I give quarter to no lethargy, no slothful encrustation. I apply the cauterizing iron to the ambition which led M. Tullius to buy a circular table of citron-wood for more than £4000, 9 and Asinius Gallus to pay twice as much for an ordinary table of the same Moorish wood (Hem! at what fortunes did they value woody dapplings!), or, again, Sulla to frame dishes of an hundred pounds' weight. I fear lest that balance be small, when a Drusillanus (and he withal a slave of Claudius!) constructs a tray 10 of the weight of 500 lbs.!--a tray indispensable, perchance, to the aforesaid tables, for which, if a workshop was erected, 11 there ought to have been erected a dining-room too. Equally do I plunge the scalpel into the inhumanity which led Vedius Pollio to expose slaves to fill the bellies of sea-eels. Delighted, forsooth, with his novel savagery, he kept land-monsters, toothless, clawless, hornless: it was his pleasure to turn perforce into wild beasts his fish, which (of course) were to be forthwith cooked, that in their entrails he himself withal might taste some savour of the bodies of his own slaves. I will forelop the gluttony which led Hortensius the orator to be the first to have the heart to slay a peacock for the sake of food; which led Aufidius Lurco to be the first to vitiate meat with stuffing, and by the aid of forcemeats to raise them to an adulterous 12 flavour; which led Asinius Celer to purchase the viand of a single mullet at nearly £50; 13 which led AEsopus the actor to preserve in his pantry a dish of the value of nearly £800, made up of birds of the selfsame costliness (as the mullet aforesaid), consisting of all the songsters and talkers; which led his son, after such a titbit, to have the hardihood to hunger after somewhat yet more sumptuous: for he swallowed down pearls--costly even on the ground of their name--I suppose for fear he should have supped more beggarly than his father. I am silent as to the Neros and Apicii and Rufi. I will give a cathartic to the impurity of a Scaurus, and the gambling of a Curius, and the intemperance of an Antony. And remember that these, out of the many (whom I have named), were men of the toga--such as among the men of the pallium you would not easily find. These purulencies of a state who will eliminate and exsuppurate, save a bemantled speech?
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Toga. ↩
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Or, "forcipes." ↩
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Of course the meaning is, "on the doffing of which a man congratulates himself more," etc.; but Tertullian as it were personifies the act of doffing, and represents it as congratulating the doffer; and I have scrupulously retained all his extravagances, believing them (in the present treatise at least) to be intentional. ↩
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A Cynic philosopher. ↩
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"Inhumano;" or, perhaps, "involving superhuman effort." ↩
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Oehler attempts to defend the common reading, "humerum velans exponit vel includit;" but the correction of Salmasius and Lud. de la Cerda which he quotes, "vel exponit," is followed in preference. If Oehler's reading be retained, we may render: "a covering for the shoulder, it exposes or encloses it at will." ↩
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i.e., the "shoeing" appropriate to the mantle will consist at most of sandals; "shoes" being (as has been said) suited to the gown. ↩
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"Erat."--Oehler, who refers to "errat" as the general reading, and (if adopted) renders: "This sentiment errs (or wanders) in all directions;" making olim = passim. ↩
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Reckoning the 1000 sesterces at their pre-Augustan value, £8, 17s. 1d. ↩
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"Promulsis"--a tray on which the first course ("promulsis" or "antecoena") was served, otherwise called "promulsidare." ↩
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As Pliny (quoted by Oehler) tells us was the case. ↩
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Or, "adulterated." ↩
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Reckoning the 1000 sesterces at the post-Augustan value, £7, 16s. 3d. ↩