6.
Als wir am anderen Tage eben frühstückten, wurden wir plötzlich fortgeholt, um verhört zu werden, S. 333 und kamen in den Gerichtshof. Sofort verbreitete sich der Ruf davon in die Nachbarschaft, und es kam viel Volk zusammen. Wir stiegen die Bühne hinauf. Die andern bekannten alle, als sie gefragt wurden; dann kam man zu mir. Sofort erschien auch der Vater wieder mit meinem Kinde, zog mich von der Stufe hinab und sagte: Bitte um Gnade, erbarme dich deines Kindes! Und der Prokurator Hilarianus, der damals an Stelle des verstorbenen Prokonsuls Minucius Timinianus die Gerichtsbarkeit über Leben und Tod hatte, sagte: Schone der grauen Haare deines Vaters, nimm Rücksicht auf die Kindheit des Knaben, opfere für das Wohl der Kaiser! Ich antwortete: Das tu ich nicht. Darauf Hilarianus: Bist du eine Christin? Und ich entgegnete: Ich bin eine Christin. Und da mein Vater da stand, um mich abzuziehen, wurde er auf Befehl des Hilarianus hinabgestoßen und auch mit der Rute geschlagen. Das Unheil meines Vaters ging mir zu Herzen; als wäre ich selbst geschlagen worden, so schmerzte mich sein unglückliches Alter. Darauf sprach er über uns alle das Urteil, daß wir den wilden Tieren vorgeworfen werden sollten, und wir stiegen heiter in den Kerker hinab. Weil aber das Kind gewohnt war, von mir die Brust zu empfangen und bei mir im Kerker zu bleiben, schickte ich sogleich den Diakon Pomponius zu meinem Vater und bat um das Kind. Aber der Vater wollte es nicht geben. Und nach Gottes Willen hat es weiter die Brust nicht begehrt und diese hat mir auch keinen Schmerz gemacht, damit ich nicht durch die Sorge um das Kind und den Schmerz der Brüste zugleich gequält würde.
