Kap. 4. Die Einheit der Kirche findet neben anderen Bibelstellen ihren klarsten Ausdruck in den Worten, mit denen der Herr Petrus und den Aposteln ihre besondere Stellung zuwies.
1 Erwägt und prüft man dies, so bedarf es nicht S. 136 erst noch einer langen Abhandlung und vieler Beweise. Die Beweisführung vermag leicht zu überzeugen schon bei kurzer Zusammenfassung der Wahrheit. Der Herr spricht zu Petrus die Worte: „Ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich bauen meine Kirche, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben; und was du binden wirst auf Erden, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du lösen wirst auf Erden, wird auch im Himmel gelöst sein“2 . Auf e i n e n baut er die Kirche, und obwohl er den Aposteln allen nach seiner Auferstehung gleiche Gewalt erteilt und sagt: „Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende auch ich euch. Empfanget den Heiligen Geistt. Wenn ihr einem die Sünden erlasset, so werden sie ihm erlassen werden; wenn ihr sie einem behaltet, so werden sie ihm behalten werden“3 , so hat er dennoch, um die Einheit deutlich hervorzuheben, durch sein Machtwort es so gefügt, daß der Ursprung eben dieser Einheit von e i n e m sich herleitet. Gewiß waren auch die übrigen Apostel das, was Petrus gewesen ist, mit dem gleichen Anteil an Ehre und an Macht ausgestattet, aber der Anfang geht von der Einheit aus, damit die Kirche Christi als e i n e erwiesen werde. Auf diese eine Kirche weist auch im Hohen Liede der Heilige Geist hin aus der Person des Herrn heraus und sagt: „E i n e ist meine Taube, meine Vollkommene, sie ist die einzige ihrer Mutter, die Auserwählte ihrer S. 137 Gebärerin“4 . Wer an dieser Einheit der Kirche nicht festhält, vermeint der an dem Glauben festzuhalten? Wer der Kirche widerstrebt und sich widersetzt, ist der noch überzeugt, innerhalb der Kirche zu stehen? Lehrt doch auch der selige Apostel Paulus das gleiche, indem er auf das heilige Geheimnis5 der Einheit hinweist mit den Worten: „E i n Leib und e i n Geist, e i n e Hoffnung eurer Berufung, e i n Herr, e i n Glaube, e i n e Taufe, e i n Gott“6 .
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Von S. 136, 11 ab lautet die Übersetzung nach der zweiten. Textfassung, wie sie Chapman gibt [vgl. die Vorbemerkung], folgendermaßen: Und zu demselben [Petrus] sagt er nach seiner Auferstehung: „Weide meine Schafe!“ [Joh. 21, 16.] Auf einen baut er die Kirche, und ihm übergibt er seine Schafe l´zur Weide. Und obwohl er den Aposteln allen gleiche Gewalt erteilt, so hat er dennoch nur einen Bischofsstuhl errichtet und den Ursprung und die Beschaffenheit der Einheit durch sein Machtwort verfügt. Gewiß waren die übrigen [Apostel] das, was Petras gewesen ist, aber der Vorrang wird dem Petras gegeben, und eine Kirche und ein Bischofsstuhl wird erwiesen [nach Hartel: damit eine Kirche und ein Bischofsstab! erwiesen wird], und Hirten sind sie alle, aber es wird nur eine Herde gezeigt, die von den Aposteln in einmütiger Übereinstimmung geweidet werden soll. Wer an dieser Einheit der Kirche nicht festhält [nach Hartel: wer an dieser und des Paulus Einheit nicht festhält], vermeint der an dem Glauben festzuhalten? Wer den Stuhl Petri verläßt auf den die Kirche gegründet ist, ist der noch überzeugt, innerhalb der Kirche zu stehen? Lehrt doch auch . . . ↩
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Matth. 16, 18 f. ↩
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Joh. 20, 21-28. ↩
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Hohes Lied 6, 8. ↩
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Mit dem Ausdruck ,sacramentum' bezeichnet Cyprian hier, wie an anderen Stellen, bestimmte Worte der Heiligen Schrift, deren Anerkennung für jeden Christen selbstverständliche Pflicht ist, wenn auch der menschliche Verstand das Geheimnis nicht ganz au durchdringen vermag. ↩
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Eph. 4, 4-6. ↩
