Fünftes Hauptstück.
Aber jetzt kämpfen wir gegen einen trügerischen Verfolger, gegen einen1 schmeichelnden Feind, gegen Konstantins den Gegenchristen; welcher nicht die Rücken peitschet, sondern den Bauch streichelt; welcher nicht durch Verban- S. 293 nung das Leben, sondern durch Bereicherung2 den Tod spendet; nicht durch den Kerker zur Freiheit befördert, sondern durch Ehrenbezeugungen in dem Palaste zum Knechte macht; nicht den Leib quält, sondern das Herz in Besitz nimmt; nicht das Haupt, mit dem Schwerte trennt, sondern die Seele mit Gold tödtet; nicht öffentlich mit Flammen droht, sondern heimlich das höllische Feuer anzündet; nicht kämpft, um nicht besiegt zu werden, sondern schmeichelt, um zu herrschen. Er bekennt Christum, um ihn zu läugnen; er3 sorgt für Einigkeit, damit kein Friede bestehe; er unterdrückt4 Ketzereien, damit es keine Christen gebe; er ehrt die Priester, damit keine Bischöfe da seyen; er5 baut Kirchen auf, damit er den Glauben stürze. Er trägt dich in den Worten, er trägt dich in dem Munde herum, und thut überhaupt Alles, damit man nicht glaube, du seyest so Gott, wie es der Vater ist. S. 294
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Hierüber schreibt Lucifer: „Darin hält man dich für sehr verrucht, daß du unter dem Scheine der Liebe und der Bereitwilligkeit, uns zu helfen, schmeichelst, um uns zu stürzen.“ So erzählt auch Athanasius, daß Osius von Konstantius überwunden worden sey, indem er ihm bald schmeichelte, und ihn Vater nannte, bald aber ihm drohte und die Verwiesenen aufzählte. ↩
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Durch diesen Kunstgriff wurden Viele getäuscht, wie Liberius bezeugt bei Theodoret. K. G. Buch II, Hptstk. 16, wo es heißt: „Alle, welche nicht die Herrlichkeit Gottes lieben, zogen deine Geschenke vor, und verwarfen den, welchen sie nicht gesehen hatten.” So hat auch, nach der Angabe des Faustinus und Marcellus, Potamius zuerst den katholischen Glauben vertheidiget, nachher aber für die Beschenkung mit einem Landgute den Glauben verlassen. ↩
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Die Worte des Konstantius im Koncilium zu Mailand im J. 355 führt Lucifer in dem Buche „über die Nichtübereinkunft mit den Ketzern” an: „Du sagtest: Ich will den Frieden befestigen in meinem Reiche, da du verletzen willst in uns den Frieden des Herrn, und zu spalten trachtest das Volk Gottes.” Und bald hierauf: „Zu uns hast du gesagt: Ich will Frieden machen lassen” und am Anfange: „Du hast gesagt, wir seyen Feinde des Friedens gewesen, und seyen es noch, Feinde der Einigkeit, ja sogar Gegner der brüderlichen Liebe.“ ↩
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Nämlich die Ketzerei des Photinus, wie man aus dem 23. Hauptst. sieht, wo es heißt: „Du bietest wieder alle Sorge für deine katholische Lehre auf gegen den Sirmier Photinus.“ ↩
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Eben so sagt auch Lucifer im ersten Buche für Athanasius zu dem Kaiser: „Obwohl du Märtyrer-Denkmäler herstellst, vergießest du doch das Blut der Diener des Einen Sohnes Gottes.“ ↩
