Sechstes Hauptstück.
Hinweg also mit der Vermuthung, daß ich schmähe, hinweg mit dem Argwohne, daß ich Unwahrheit spreche. Denn der Wahrheit Dienern geziemt es, Wahres vorzutragen. Reden wir Unwahrheit, so sey die lästernde Rede entehrend; zeigen wir aber, daß dieses alles offenbar sey, so ist dieses der apostolischen Freiheit und Mäßigung nicht unangemessen, indem wir dieses nach langem Stillschweigen rügen. Aber vielleicht wird mich Jemand für verwegen halten, weil ich den Konstantius einen Gegenchristen nenne. Wer dieses mehr für Frechheit, als für Standhaftigkeit ansehen wird, der bedenke zuerst, daß Johannes zum Herodes gesagt habe:1 „Es ist dir nicht erlaubt, dieses zu thun;“ er wisse, daß vom Märtyrer zum Könige Antiochus, gesagt wurde:2 „Du, Erzbösewicht, bringst uns zwar um dieses zeitliche Leben, aber der König der Welt wird uns, die wir für seine Gesetze sterben, zum ewigen Leben bei der Auferstehung erwecken;“ und daß abermals mit heiliger und gläubiger Stimme ein Anderer ihn so getadelt habe:3 „Weil du, sprach er, obwohl du auch nur ein Sterblicher bist, unter den Menschen Macht hast, so thust du, was du willst; aber glaube ja nicht, daß unser Geschlecht von Gott verlassen sey. Habe nur Geduld, und warte, und sieh, wie seine große Macht dich und dein Geschlecht strafen wird.“ Und so sprachen die Knaben. Das Weib aber sprach eben so, wie die vollkommenen und seligen Männer, indem es sagte:4 „Du aber, Erfinder aller Bosheit wider die Hebräer, wirst der Hand Gottes nicht entfliehen. Denn wenn der Herr über uns lebende zu unserer Züchtigung und Besserung mäßig zürnet, so wird er sich doch mit seinen Knechten wieder aussöhnen.“ Dieses ist nicht S. 295 Verwegenheit, sondern Glaube, nicht Unüberlegtheit, sondern Ueberlegung, nicht Unsinn, sondern Vertrauen.
