1.
Der Besitz tugendhafter und gottesfürchtiger Eltern sowie die besonderen Gaben und Gnaden, die der Herr mir verliehen, wären für mich hinreichende Mittel gewesen, um auch ein tugendhaftes Leben zu führen, wenn ich nicht so böse gewesen wäre. Mein Vater las mit Vorliebe gute Bücher; er hatte deren einige in spanischer Sprache, die auch seine Kinder lesen sollten. Diese Bücher sowohl wie nicht minder die Sorgfalt unserer Mutter, mit der sie uns zum Beten anhielt und zur Andacht zu Unserer Lieben Frau und einigen anderen Heiligen ermunterte, waren mir, wie ich meine, im Alter von sechs oder sieben Jahren die erste Anregung zum Guten. Dazu trug noch die Wahrnehmung bei, daß meine Eltern nur der Tugend ihre Gunst zuwandten. Sie selbst waren reich an Tugenden. So hatte mein Vater eine besondere Liebe zu den Armen und großes Mitleid mit den Kranken und den Dienstboten. Gegen letztere ging sein Mitleid so weit, daß man ihn nie dazu bringen konnte, sich Sklaven zu halten; denn diese erbarmten ihn gar sehr. Eine Sklavin eines seiner Brüder, die sich einmal in unserem Hause aufhielt, behandelte er so gut wie seine eigenen Kinder; und er sagte, er könne es vor Betrübnis nicht ertragen, daß sie nicht frei sei. Er war ferner sehr wahrheitsliebend; niemand hörte ihn je fluchen oder anderen übel nachreden; der Zucht und Ehrbarkeit war er in besonderer Weise ergeben. Auch meine Mutter besaß viele Tugenden; ihr Leben floß unter schweren Leiden dahin. Sie liebte Züchtigkeit im höchsten Grade; und wiewohl sie von ausnehmender Schönheit war, so konnte man doch nie an ihr bemerken, daß sie einen Wert darauf legte. Als sie starb, war sie erst dreiunddreißig Jahre alt, und doch trug sie sich in der Kleidung immer so einfach wie eine betagte Matrone. Sie war sehr sanften Charakters und hatte einen scharfen Verstand. Zeitlebens hatte sie große Trübsale erduldet und ist sehr christlich gestorben.
