Quellen.
S. 7 Die erhaltenen Werke des Origenes bieten uns sehr wenig Aufschluß über sein Leben, da er, streng objektiv gerichtet, seine Person stets hinter die Sache zurückstellte. Nur der entscheidende Wendepunkt seines Lebens, die Übersiedlung nach Cäsarea in Palästina, wird von ihm am Anfange des VI. Buches seines Johanneskommentars (Werke IV 107,10 ff.) etwas ausführlicher erwähnt, da er hier die Unterbrechung seiner Arbeit erklären wollte. Und im Matthäuskommentar (In Matth. Comm, Ser. c. 14. 15, IV 209 f. Lommatzsch) und an anderen Stellen (z. B. In Luc. hom. XXV, V 182 Lom. In Ezech. hom. X, XIV 132 Lom. In Rom. VIII 7, VII 240 Lom.) deutet er auf Angriffe seiner Feinde hin. Sonst erfahren wir noch von gelehrten Disputationen, die er mit Juden und Häretikern gehalten hat, oder von Freunden, denen er Schriften widmet, oder von Zuständen in der Kirche, die er gelegentlich in seinen Schriften berührt.
Viel besser würden wir über das innere Leben und Wesen des Origenes unterrichtet sein, wenn die von Pamphilus und Eusebius gemeinsam bearbeitete, auf schriftlichen und mündlichen Äußerungen des Origenes und seiner Zeitgenossen beruhende Apologie für Origenes, die sechs Bücher umfaßte und teils Auszüge aus seinen Schriften, teils biographische Tatsachen darbot, ganz erhalten wäre; wir besitzen nur das I. Buch in Rufins Übersetzung vom Jahre 397 (XXIV 289 ff. Lom., vgl. Orig. Werke V S. LXXVII ff.). Den ersten fünf Büchern der Apologie, die von Pamphilus im Kerker unter Beihilfe des Eusebius verfaßt waren, hatte Eusebius nach dem Märtyrertode seines Freundes am 16. Februar 310 noch ein sechstes Buch hinzugefügt; hier waren mehr als hundert Briefe vereinigt, die S. 8 Origenes an seine Freunde, an Fabianus und andere Bischöfe, an den Kaiser Philippus und seine Gemahlin Severa und an andere hohe Persönlichkeiten gerichtet hatte. Der Verlust dieser Briefsammlung, aus der wir den Charakter des Briefschreibers am besten hätten erschließen können, ist besonders bedauerlich. Photius gibt in seiner „Bibliothek" (Cod. 118) den Inhalt der sechs Bücher leider recht kurz an. Überliefert ist von den Briefen des Origenes, die sehr zahlreich gewesen sein müssen, nur die ausführliche Antwort des Origenes auf die auch erhaltene Anfrage des Julius Africanus wegen der Susanna-Erzählung bei Daniel (XVII 11 ff. Lom.); and der Brief des Origenes an Gregorius Thaumaturgus (XVII 49 ff. Lom.); sonst sind nur einige Bruchstücke von Briefen des Origenes erhalten.
Ein rührendes Zeugnis für die treue Anhänglichkeit und innige Dankbarkeit, von der die Schüler des Origenes gegen ihren Lehrer erfüllt waren, liegt uns in der Dank- oder Abschiedsrede vor, mit der Gregorius, der spätere Bischof von Neocäsarea in Pontus mit dem Beinamen Thaumaturgus, sich in Cäsarea in Palästina von seinem Lehrer Origenes verabschiedete. Wir lernen aus dieser Rede am besten die Methode kennen, die Origenes anzuwenden pflegte, um gebildete Heiden für das Christentum zu gewinnen.
Die wichtigste Quelle für das Leben des Origenes ist das VI. Buch der Kirchengeschichte des Eusebius. Als Grundlage für diese uns erhaltene Lebensbeschreibung des Origenes dürfen wir aber die Apologie des Pamphilus-Eusebius, also die denkbar beste und zuverlässigste Quelle, die es damals gab, ansehen. Leider begnügt sich Eusebius, an einigen Stellen nur auf diese Apologie zu verweisen, anstatt den dort gebotenen Stoff hier nochmals mitzuteilen. Einmal (VI 20) nennt Eusebius ausdrücklich die in der Bibliothek von Aelia (= Jerusalem) aufbewahrten, von dem Bischof Alexander von Jerusalem gesammelten Briefe von Zeitgenossen des Origenes als seine Quelle: man sieht auch aus dieser Stelle, wie sorgfältig und genau der große Kirchenschriftsteller in seiner Kirchengeschichte verfahren ist. S. 9
Ferner ist uns in einem Briefe des Hieronymus an Paula (Hieron., Ep. I Nr. XXXIII p. 253 ff. ed. Isidorus Hilberg, CSEL vol. LIV, Wien 1910, besonders herausgegeben von Erich Klostermann, Sitzungsberichte der Berliner Akad. XXXIX, 1897, S. 855 ff.) ein — freilich unvollständiges — Verzeichnis der Schriften des Origenes erhalten, als dessen Quelle das dritte Buch der von Eusebius verfaßten, jetzt verlorenen Lebensbeschreibung des Pamphilus anzusehen ist (Euseb. h. e. VI 32,3. VII 32,25. VIII 13,6. De mart. Pal. 11,3. Hieron., De vir. ill. 81. Adv. Ruf. I 9. II 22 f. III 12).
Endlich sind noch einzelne zerstreute Nachrichten bei Hieronymus (vor allem De vir. ill. 54), Rufinus, Epiphanius (Haer. 64), Sokrates (H. e. V 22), Palladius (Hist. Laus. 64), Photius (Bibl., besonders Cod. 117. 118), Suidas erhalten, die meist auf Eusebius, teilweise aber auch auf anderer Überlieferung beruhen. Ein Lebensabriß des Origenes kann natürlich nur auf Grund des VI. Buches der Kirchengeschichte des Eusebius gegeben werden.
