2.
(1) Und was habt ihr denn erst Erhabenes in der Philosophie hervorgebracht? Welcher von eueren ganz bedeutenden Philosophen hat Großsprecherei gemieden? (2) Diogenes, der mit seinem Faß renommierte und mit seiner Enthaltsamkeit prahlte, starb ob seiner Unmäßigkeit an einer schmerzhaften Darmverschlingung, da er einen Meerpolypen roh verschlungen hatte1. (3) Aristippos, der Philosoph im Purpurmantel, war ein scheinheiliger Lüstling2. (4) Platon samt seiner Weltweisheit wurde von Dionysius wegen seiner Völlerei verkauft3. (5) Und Aristoteles, der in seiner Unwissenheit der Vorsehung Schranken gesetzt und die Glückseligkeit als das, woran er Behagen finde, definiert hat, (6) schmeichelte ganz S. 198 unpädagogisch dem tollen Jungen Alexander, der nun echt aristotelisch seinen Freund4, weil er ihn nicht anbeten wollte, in einen Käfig sperrte und wie einen Bären oder Panther mit sich herumführte. (7) Dafür befolgte Alexander allerdings die Lehren des Meisters, indem er seine Männlichkeit und Tapferkeit in Gelagen bewies, seinen Genossen und Busenfreund5 mit dem Speere durchbohrte und dann weinte und fastete unter dem Vorwand der Trauer, um nicht den Abscheu seiner Leute zu erregen. (8) Lachen möchte ich vollends über diejenigen, die noch heute die Lehren des Aristoteles praktizieren und für die Dinge unter dem Mond zwar keine Vorsehung anerkennen, aber trotzdem, obwohl sie der Erde näher sind als der Mond und tiefer stehen als seine Bahn, dort Vorsehung spielen, wo sie die Vorsehung leugnen: (9) denn wem Schönheit, Reichtum, Körperkraft, Adel versagt sind, für den gebe es keine Glückseligkeit, sagt Aristoteles6. Und solche Leute sollen philosophieren!
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Vgl. Lukian vit. auct. 10 ; Plutarch de es. carn. I 6. ↩
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*S. TsgA S. 21. ↩
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Vgl. Tertull. apol. 46. ↩
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Den Historiker Kallisthenes, einen Neffen des Aristoteles, vgl. Curt. VIII 5; Plut. Alex. 52 ff. ↩
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Den Feldherrn Kleitos, vgl. Curt, VIII 4 f.; Arr. IV 14; Plut. Alex. 51 f.; Sen. de ira III 17. ↩
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Tatians Tadel bezieht sich auf Arist. Nikom. Eth. X 9; vgl. ebd. I 10. ↩
