3.
So fürwahr wurde, während wir alle nach Christus Christen sind und heißen, vor Zeiten Marcion1 der Stifter einer Irrlehre, ausgestoßen und die, welche zu dem standen, der ihn ausstieß, behielten den Namen „Christen“ bei, die Anhänger Marcions aber hießen fortan nicht mehr Christen, sondern Marcionisten. So teilten auch Valentin2, Basilides3 , Manichäer und Simon S. 20 der Magier4 ihren Anhängern ihren eigenen Namen mit, und so werden die einen Valentinianer, die andern Basilidianer, die dritten Manichäer und die letzten Simonianer und wieder andere nach den Phrygiern5 aus Phrygien und nach Novatus6 Novatianer genannt. So nannte auch Meletius7, nachdem er vom Bischof und Märtyrer Petrus ausgestoßen worden war, seine Leute nicht mehr Christen, sondern Meletianer. So blieben denn auch, als S. 21 der selige Alexander den Arius ausstieß, die, welche es mit Alexander hielten, Christen, die aber mit Arius austraten, haben uns, den Anhängern des Alexander, den Namen des Erlösers zurückgelassen; sie aber hießen fortan Arianer. Ja, noch mehr! Auch nach dem Tode Alexanders haben die, welche in Gemeinschaft stehen mit seinem Nachfolger Athanasius, und mit denen eben dieser Athanasius wieder in Gemeinschaft steht, dasselbe Gepräge, und weder tragen einige von ihnen seinen Namen, noch wird er selbst nach jenen benannt, sondern alle heißen wie gewöhnlich wieder Christen. Denn wenn wir auch Nachfolger der Lehrer haben und deren Schüler werden, so sind und heißen wir nichtsdestoweniger Christen, weil wir ja von ihnen in der Lehre Christi unterwiesen werden. Die sich aber den Irrlehrern anschließen, tragen, wenn sie auch Tausende zu Nachfolgern haben, doch jedenfalls den Namen des Stifters der Irrlehre. So wurden, als nach dem Tode des Arius viele von den Seinigen ihm folgten, gleichwohl die Gesinnungsgenossen des Arius nach ihm benannt und Arianer geheißen. Ein auffallender Beweis hierfür ist ja doch auch folgende Tatsache: Die Heiden, die auch jetzt noch in die Kirche eintreten und den Aberglauben an ihre Götzenbilder aufgeben, nehmen nicht den Namen ihrer Katecheten an, sondern den des Erlösers, und statt Heiden heißen sie von nun an Christen. Die aber zu jenen übertreten oder überhaupt alle, die von der Kirche zur Irrlehre überspringen, geben den Namen Christi auf und heißen nunmehr Arianer, da sie ja nicht mehr den Glauben Christi besitzen, sondern Erben des arianischen Wahnsinns geworden sind.
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Marcion, in Sinope in Pontus geboren, kam um 140 nach Rom und, als seine Anschauungen von der Kirche zurückgewiesen wurden, stiftete er, an den Gnostiker Cerdo sich anschließend, die gnostische Sekte der Marcioniten, wie sie gewöhnlich heißen. Die Sekte verbreitete sich rasch und weithin; noch im fünften Jahrhundert existierte sie in verschiedenen Ländern. ↩
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Valentin, nach des lrenäus Bericht etwa 185 von Alexandrien nach Rom gekommen und nach Epiphanius auf Cypern gestorben, begründete gleichfalls ein gnostisches System mit einer reich entwickelten Äonenlehre. Die Valentinianer teilten sich in zwei Hauptzweige, einen orientalischen, hauptsächlich in Syrien und Ägypten verbreitet, und einen italischen, dessen Hauptsitze Rom und Gallien waren. Diese Sekte wurde besonders von Irenäus und Tertullian bekämpft, erhielt sich aber doch bis ins vierte Jahrhundert. ↩
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Basilides, wie die beiden genannten zu den Hauptvertretern des Gnostizismus zählend, lebte unter Hadrian in Alexandrien und die von ihm begründete Sekte lebte bis gegen 400 fort. ↩
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Der in der Apostelgeschichte (c. 8, 9 ff.) erwähnte Simon Magus aus Giddon in Samarien galt den Vätern als Patriarch der Häretiker. Charakteristisch für seine Lehre ist seine emanatistische Schöpfungstheorie. ↩
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Die Phrygier, wie die Montanisten nach ihrer Heimat gewöhnlich hießen, sind die Anhänger des Montanus aus Ardaban an der Grenze von Mysien und Phrygien, der nach der Mitte des zweiten Jahrhunderts mit dem Anspruch auftrat, das Organ des verheißenen Parakleten zu sein. Die eigentliche Form der Offenbarung sahen sie in der Ekstase, und sie forderten eine strenge Sittlichkeit. Ihr Hauptvertreter und Verteidiger war Tertullian. Die Sekte erhielt sich lebenskräftig bis ins achte Jahrhundert. ↩
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Bei einer Papstwahl im Jahre 251 unterlegen, trat Novatus als Gegenbischof auf. Bald nahm das Schisma auch einen sachlichen Charakter an. Papst Cornelius gewährte den in der Verfolgung Abgefallenen Verzeihung, Novatian verweigerte sie. Die durch ihn ins Leben gerufene Sekte, die theoretisch wie praktisch auch an der Wiedertaufe der von Häretikern Getauften festhielt, gewann namentlich im Orient an Ausdehnung und bestand bis ins siebte Jahrhundert. ↩
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Bischof Melutius von Lykopolis in der Thebais wurde im Anfang des vierten Jahrhunderts Urheber des bis ins fünfte Jahrhundert währenden Schismas. Allem nach war es die Bullfrage, die den Bruch zwischen dem gemäßigteren Petrus von Alexandrien und dem rigorosen Meletius herbeiführte. Letzterer suchte seinen Anhang zu vermehren durch unbefugte Vornahme von Weihen in fremden Sprengeln. ↩
