2.
Wir glauben auf gleiche Weise auch an den heiligen Geist, welcher Alles erforscht, selbst die Tiefen Gottes; und sprechen gegen alle Dogmen, welche diesem entgegengesetzt sind, das Anathema aus. Denn wir erkennen weder einen Sohn-Vater, welcher von Einer Wesenheit, und nicht von gleicher Wesenheit wäre, wie die Sabellianer sagen,1 und dadurch das Seyn des Sohnes ganz aufheben; noch legen S. 28 wir dem Vater einen für Leiden empfänglichen Körper bei, welchen er zum Heile der ganzen Welt getragen hätte; noch darf man drei an und für sich getrennte Hypostasen,2 wie es bei den Menschen nach der Natur ihrer Körper der Fall ist, denken, damit wir nicht, wie die Heiden, eine Götter-Vielheit einführen, sondern wie ein aus einer Quelle entstandener Strom sich von derselben nicht trennt, obwohl beide zwei Gestalten und zwei Namen haben; denn der Vater ist nicht Sohn, und der Sohn ist nicht Vater; (denn der Vater ist der Vater des Sohnes, und der Sohn ist der Sohn des Vaters;) wie nämlich die Quelle nicht Fluß ist, und der Fluß nicht Quelle, sondern beide ein und dasselbe Wasser sind, welches aus der Quelle in den Fluß ausströmt: eben so ergießt sich auch die Gottheit aus dem S. 29 Vater in den Sohn ohne Fließen und Theilung. Denn der Herr sagt:3 „Ich bin von dem Vater ausgegangen, und in die Welt gekommen.“ Bei dem Vater aber ist der immer, welcher im Schoose des Vaters ist; und der Schoos des Vaters ist nie ohne die Gottheit des Sohnes. Denn er sagt:4 „Ich war bei ihm und ordnete.“ Wir glauben aber nicht, daß er etwas Geschaffenes oder Gemachtes oder aus Nichts Entstandenes sey, der Schöpfer aller Dinge, Gott, der Sohn Gottes, der Seyende aus dem Seyenden, der Alleine aus dem Alleinen, welchem von Ewigkeit her gleiche Herrlichkeit und Macht aus dem Vater mit angeboren ist; denn wer den Sohn sieht, der sieht auch den Vater. Durch den Sohn ist nämlich Alles geschaffen worden; er selbst aber ist kein Geschöpf, wie Paulus von dem Herrn sagt:5 „Denn durch ihn ist Alles geschaffen; und er ist vor Allem.“ Er sagt aber nicht, daß er vor Allem geschaffen worden, sondern daß er vor Allem sey. Der Ausdruck „geschaffen seyn“ bezieht sich also auf Alles; der aber, „er ist vor Allem“ kommt nur dem Sohne allein zu.
-
Sabellius von Ptolomais in Libyen, ein Schüler des Noetius von Smyrna, erneuerte die Gotteslästerung des Praxeas, indem er die Verschiedenheit der göttlichen Personen läugnete. ↩
-
Es entstand nämlich ein Streit, ob man in Jesu Christo nur eine Hypostasis oder drei annehmen müsse. Dieses Wort war noch unbestimmt wegen der ihm beigelegten zweifachen Bedeutung, indem die Einen unter Hypostasis die Natur, die Andern aber die Person oder das Wesen verstanden, wie man es heut zu Tage allgemein annimmt. Mittelst dieser Zweideutigkeit suchten die Arianer auf der einen, und die Sabellianer auf der andern Seite die Gläubigen irre zu führen. Der heil. Hieronymus, diese Arglist bemerkend, antwortete, daß, wenn man durch Hypostasis die Natur verstehe, so sey nur eine in Gott, verstehe man aber darunter die Person, so seyen drei in der Gottheit. In Bezug auf diese Streitsache schrieb er an den Papst Damasus, welcher i. J. 366 auf den apostolischen Stuhl erhoben worden war: „Wir fragen, was sie glauben, was man unter drei Hypostasen zu verstehen habe; sie sagen, man müsse drei bestehende Personen darunter annehmen, und wir antworten, daß dies auch unser Glaube ist. Sie begnügen sich aber nicht mit dem Sinne, sondern wollen nebst diesem auch den Ausdruck, welcher, ich weiß nicht, welches Gift verbirgt, und weil wir dieses Wort nicht gebrauchen, beschuldigen sie uns der Ketzerei. — Ich bitte daher deine Heiligkeit im Namen Jesu des Gekreuzigten, des Welterlösers, im Namen der gleichwesenheitlichen Dreieinigkeit, mich durch einen Brief zur Anwendung oder Nichtanwendung des Wortes Hypostasis zu ermächtigen.“ (Ep. 14, alias 57 ad Damas. p. 19, tom. IV.) ↩
-
Joh. XVI, 26. ↩
-
Sprüch. VIII, 30. ↩
-
Koloss. I, 16, 17. ↩
