3. Ebenso kommen in der Tierwelt nicht selten Veränderungen vor.
Auch die Tiere wechseln zwar nicht ihr Gewand, wohl aber ihr Aussehen, obwohl das Gefieder des Pfauen ein Gewand ist, und zwar ein Festgewand, echter gefärbt sogar als aller Purpur, der je einen Hals geziert, glänzender als der Goldstreifen, der je auf einem Rücken gestrahlt hat, und voller als irgend eine Schleppe, welche als Schweif auf dem Boden schleifte. Es ist vielfarbig, verschieden und wechselnd in seinen Farben, niemals dasselbe, immer ein anderes, obwohl S. 18immer das nämliche. Wenn es ein anderes erscheint, ändert es sich so vielmal, als es nur bewegt wird. Anzuführen ist auch, wenngleich erst hinter dem Pfauen, die Schlange; denn auch sie ändert, was sie hat, ihre Haut und ihr Lebensalter. Sobald sie nämlich das Alter herankommen sieht, zwängt sie sich in eine Enge, und indem bei ihr in die Löcher kriechen und die Haut ausziehen eins ist, rollt sie sich sofort an der Schwelle selbst, ihr abgelegtes Kleid, welches zurückbleibt, abstreifend, als ein neues Wesen auseinander, und mit den Schuppen zugleich legt sie auch ihre Lebensjahre ab. Bei der Hyäne dauert, wenn man sie beobachten will, das Geschlecht nur ein Jahr, das männliche und das weibliche wechseln bei ihr ab. Vom Hirsche will ich schweigen; er ist ebenfalls Herr über sein Alter, wenn er eine Schlange gefressen hat, so wird er krank und dann wieder jung.
Es gibt auch einen „Vierfüsser langsamen Schritts, die Felder bewohnend, niedrig und rauh anzufühlen“1. Du meinst wohl, es sei die Schildkröte nach Pacuvius? Mit nichten. Auch noch auf ein anderes Tierchen passt der Vers; es ist nur von sehr mäßiger Größe, aber sein Name ist volltönend. Wenn man den Namen Chamäleon hört und es noch nicht kennt, so sollte man fürchten, es sei noch etwas Schlimmeres als der Löwe. Aber wenn Du es antriffst im Weinberge, so steckt das Dingelchen fast ganz unter einer Weinranke und die Verwegenheit seines griechischen Namens wird Dich sogleich lachen machen. Denn sein Körper besitzt nicht einmal Blut, welches sonst selbst bei geringen Tieren reichlich fließt. Am Chamäleon lebt nur die Haut, Das Köpfchen sitzt ihm gleich am Rücken; denn der Hals fehlt. Daher ist es ihm schwer, sich umzuwenden; will es sich umsehen, so treten ihm die Äugelchen heraus, oder richtiger, die Lichtpunkte drehen sich herum. Stumpf und matt hebt es sich kaum von der Erde, es setzt sich in Bewegung, um zu gehen, stutzend bewegt es sich vorwärts und deutet den Schritt mehr an, als dass es ihn ausführt. Es ist nämlich stets ohne Nahrung und zehrt sich doch nicht S. 19ab. Unter Gähnen frisst es, mit blasebalgartigen Bewegungen käuet es wieder, aus dem Winde nimmt es Nahrung. Doch vermag sich das Chamäleon völlig zu verändern, weiter kann es nichts. Während ihm nämlich nur eine Farbe eigentümlich ist, wird es von jedem gefärbt, was hinzutritt. Das ist dem Chamäleon allein verliehen, um seine Haut zu spielen, wie man sprichwörtlich sagt.
Vieles war zu sagen, um gut vorbereitet endlich auf den Menschen zu kommen. Mag der Uranfang, von welchem Ihr ihn herkommen lasset, sein, wie er will, in jedem Falle stand der Mensch nackt und unbekleidet vor seinem Bildner. Erst später setzte er sich in den Besitz einer voreilig ergriffenen, ihm noch nicht zukommenden Wissenschaft. Auf der Stelle beeilte er sich, dem, dessen man sich an dem neu gebildeten Körper noch nicht zu schämen brauchte, eine vorläufige Umhüllung von Feigenblättern zu geben, darauf ward er aus dem Orte seiner Erschaffung, weil er gesündigt hatte, vertrieben und in Kleidern von Fellen auf die Erde gebracht, wie zu Bergwerksarbeiten.
Doch das sind geheime Dinge, die nicht alle verstehen. Heraus nunmehr mit Euren Geschichten, welche die Ägypter erzählen, die Alexander2 berichtet und die Mutter liest, heraus mit den Geschichten aus der Zeit des Osiris, da aus Libyen der an Schafen so reiche Ammon zu ihm kam. Kurz, sie sind mit ihnen der Meinung. Merkur habe, durch die Weichheit eines zufällig gestreichelten Widders erfreut, ein Schäflein kahlgeschoren, und indem er, wie die Zartheit des Stoffes es anzeigte, die Probe weiter machte, durch fortgesetztes Ziehen einen Faden hervorgebracht und ähnlich wie früher das Netz, das er aus Streifen von Lindenbast verfertigte, so jetzt ein Gewebe gemacht. Doch Ihr neigt Euch mehr dahin, alle Verwendung der Wolle und die Herstellung von Geweben der Minerva zuzuschreiben, obwohl Arachne eine Werkstätte hatte, wo es fleißiger zuging. Seit jener Zeit gibt es Kleiderstoffe.
S. 20Ich rede nicht weiter von den Schafen, den milesischen, Belgischen, altinischen, oder denen, die etwa, von Tarent oder Baetica ihren Namen führen, wo die Natur sie färbt, weil auch Bäume Kleiderstoffe liefern und die Stengel des Flachses durch die Wäsche ihre grüne Farbe in Weiß verwandeln. Auch genügte es nicht mehr, seine Tunika zu pflanzen und zu säen, man musste sein Gewand auch noch aus dem Wasser herausfischen. Das Meer nämlich liefert uns auch Wolle, insofern die prächtigeren Muscheln mit einem Haar von moosiger, wolliger Beschaffenheit versehen sind3. Sodann ist es nicht unbekannt, dass die Seidenraupe - eine Art kleiner Würmer -, welche durch die Luft Fäden zieht und ein Gespinnst, schöner als die Sonnenuhren der Spinnen4, verfertigt und dann wieder aufzehrt, einen Gewandstoff aus ihrem Hinterleibe von sich gibt5. Wenn man sie getötet hat, so wird man einen lebendigen Faden abrollen.
Einen so bedeutenden Vorrat von Stoffen hat also die Erfindungsgabe der Kleiderbereitungskünatler zu erzielen gewusst, zuerst, um die Blöße des Menschen zu bedecken, weil das Notwendige allem vorgeht, in der Folge aber auch, um ihn zu schmücken, ja sogar um ihn aufzublasen6, indem der Hochmut hinzukam, und mit den verschiedensten Gewandformen bekannt machte. Ein Teil derselben wird von einzelnen Völkern bewohnt, sie sind im übrigen ungewöhnlich: der andere Teil aber ist, allgemein und sie sind für alle brauchbar, wie eben dieses mein Pallium, welches, obschon mehr griechisch, doch in der Sprache bereits latinisiert ist. Mit der Bezeichnung hat das Kleid Eingang gefunden. Und daher S. 21hat selbst der Mann, der als Zensor die Griechen aus Rom vertrieb, sich in seinen alten Tagen noch in ihrer Sprache und Wissenschaft unterrichten lassen, und derselbe Cato, der zu seiner Zeit für die Juristerei seiner Schulter entblößte7, hat sich durch Tragen des Palliums den Griechen nicht weniger günstig gezeigt.
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Ein Vers des Pacuvius (Tragödiendichter v. 220- geg. 130 v. Chr.). ↩
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Alexander Polyhistor, Freigelassener des Cornelius Lentulus, der seiner Mutter seine Schrift de rebus Aegypticus widmete. ↩
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Die Steckmuschel, aus deren wolligen Fäden Handschuhe und andere Kleidungsstücke, aussehend wie schmutzig weiße Seide, verfertigt wurden. Man nannte den Stoff XXX Steckmuschelwolle. ↩
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Die Netze mancher Spinnen sehen Sonnenuhren ähnlich. ↩
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Ich folge der Lesart alvon reddere und ergänze als Objekt aus dem vorigen Satze vestitum; animale aber nehme ich im Sinne Animalisch, aus dem Tierreiche. ↩
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Tertullian gebraucht dieses Bild, wie gleich nachher das Bild vom Bewohnen eines Hauses, von übermäßig wieten Gewandformen. ↩
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Cato trug zu Haus und auf dem Lande die Toga, ohne eine Tunica darunter anzuziehen, wodurch die nackte Schulter zum Vorschein kam. So gekleidet ging er auch in die Stadt, um Recht zu sprechen. Vgl. Öhlers Anmerkung zu dieser Stelle. ↩
