4. Die Zeugnisse der Philosophen.
Gehen wir über zu den Philosophen, deren Zeugnis für gewichtvoller gilt. Plato spricht sich für die Alleinherrschaft aus; nach ihm gibt es nur einen Gott, der die Welt geschaffen und mit wunderbarer Einsicht vollendet hat. Sein Zuhörer Aristoteles erklärt sich für einen einzigen Geist, der über dem Weltall waltet. *Antisthenes sagt: „Es gibt nur einen wirklichen Gott, den Lenker des gesamten Alls.“ Es ist hier nicht der Ort, alles anzuführen, was Thales und Pythagoras, was vor ihnen Anaximenes und nachher die Stoiker, was Cleanthes und Chrysippus und Zeno, was von den unsrigen Seneca im Anschluß an die Stoiker, und Tullius selbst über den höchsten Gott verkündigt haben. Sie alle haben versucht, das Wesen Gottes zu bestimmen; sie alle haben versichert, daß Gott allein die Welt regiert, daß er von keiner Wesenheit abhängig ist, daß vielmehr von ihm jegliche Wesenheit hervorgebracht ist. Hermes1, der sich ob seiner Vortrefflichkeit und der Bewandertheit in vielen Künsten den Beinamen der „Dreimalgrößte“ (Trismegistus, Termaximus) erworben hat, der an Gelehrsamkeit wie an S. 135 Alter den Philosophen voranging, und der bei den Ägyptern als Gott verehrt wird, erhebt die Majestät des einzigen Gottes mit unerschöpflichen Lobsprüchen. Gott ist ihm Herr und Vater; er ist ohne Namen, denn er bedarf nicht der besonderen Bezeichnung, weil er der alleinige ist; er hat nicht Vater und nicht Mutter, denn er ist aus sich selbst und durch sich selbst. Eine Schrift an seinen Sohn beginnt er also: Gott zu erkennen, ist schwer, Gott auszusprechen, unmöglich, auch für den, welchem das Erkennen möglich ist; denn das Vollkommene kann vom Unvollkommenen, das Unsichtbare vom Sichtbaren nicht begriffen werden.
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Vgl. S. 93 Anm. 3. ↩
